HANNOVER (dpa-AFX) - Der Rückversicherer Hannover Rück rechnet nach der Hochwasserkatastrophe in Europa und Hurrikan "Ida" in den USA mit weiteren Preiserhöhungen in der Schaden-Rückversicherung. Unterdessen hält Vorstandschef Jean-Jacques Henchoz sein Gewinnziel für 2021 trotz absehbar hoher Schäden nicht für gefährdet. Er erwarte weiterhin einen Überschuss zwischen 1,15 und 1,25 Milliarden Euro, sagte er am Montag in einer Telefonkonferenz - auch wenn der Vorstand die Belastung durch die Folgen des Hurrikans noch nicht zu beziffern wagt.

An der Börse wurden die Nachrichten positiv aufgenommen. Die Hannover-Rück-Aktie lag um die Mittagszeit mit rund 1,8 Prozent im Plus bei über 160 Euro und gehörte damit zu den stärksten Titeln im MDax, dem Index der mittelgroßen Werte. Seit dem Jahreswechsel hat sie damit um rund 23 Prozent zugelegt.

Anlass der Prognosen ist das traditionelle Rückversicherer-Treffen in Monte Carlo, das wegen der Corona-Pandemie in diesem Jahr zum zweiten Mal online stattfindet. Die Branche lotet dort mit ihren Kunden - Erstversicherern wie Allianz und Axa - die Preise und Bedingungen der Verträge aus, die zum Jahreswechsel zur Erneuerung anstehen.

Wie andere Rückversicherer und wichtige Ratingagenturen rechnet auch die Hannover Rück damit, dass Rückversicherungsschutz 2022 ein weiteres Mal teurer wird. Damit reagiert die Branche nicht nur auf die Häufung von Katatrophenereignissen. Sie argumentiert auch damit, dass Schäden infolge der Inflation teurer werden - und die Rückversicherer dies wegen der anhaltenden Niedrigzinsen immer weniger mit Kapitalerträgen wettmachen können.

Schon in den vergangenen Jahren hatte die Branche bei den Erstversicherern im Schnitt höhere Prämien für die übernommenen Risiken durchgesetzt. Henchoz erwartet zum kommenden Jahreswechsel vor allem in den von Schäden betroffenen Regionen einen Anstieg des Preisniveaus.

Hintergrund sind auch die Verwüstungen durch die Hochwasserkatastrophe in Europa, die vor allem Deutschland schwer getroffen hat. Der Hannover Rück zufolge dürften die von Tief "Bernd" ausgelösten Zerstörungen die Versicherungsbranche in Europa mindestens 7,5 Milliarden Euro kosten.

Deutschlandchef Michael Pickel erwartet, dass der deutsche Versichererverband GDV seine Schätzung der versicherten Schäden allein in Deutschland noch einmal anhebt - über die zuletzt genannten sieben Milliarden Euro hinaus. Die Hannover Rück hat ihre voraussichtliche Nettobelastung durch die Flut insgesamt bisher auf 200 bis 250 Millionen Euro beziffert.

Inzwischen sei die Zahl der versicherten Schäden zwar ziemlich klar, doch ihre Höhe stehe noch nicht fest, erklärte Pickel. So sei in vielen Fällen noch offen, was man reparieren könne und was nicht. Henchoz räumte auch ein, dass die Versicherer manche Naturgefahren noch nicht gut genug einschätzen könnten. Etwa bei Hochwasser und Waldbränden müsse man die Risikomodelle noch verbessern.

Wie teuer die Zerstörungen durch Hurrikan "Ida" in den USA die Hannover Rück zu stehen kommen, wagte das Management noch nicht zu prognostizieren. Dafür sei es "viel zu früh", sagte Vorstandsmitglied Sven Althoff. Dies zeige sich auch an den bisherigen Schätzungen von Experten: Diese bezifferten die gesamten versicherten Schäden bisher auf etwa 15 bis 30 Milliarden US-Dollar (12,7 bis 25,4 Mrd Euro).

Auch in der Cyber-Versicherung gegen Attacken auf Computersysteme rechnet die Hannover Rück mit weiteren Preiserhöhungen und - aus ihrer Sicht - verbesserten Konditionen. So haben Angriffe auf Computersysteme seit Beginn der Corona-Krise zugenommen. Dies gilt auch für sogenannte Ransomware-Attacken. Bei diesen verschlüsselt der Angreifer die Computersysteme seiner Opfer und fordert Lösegeld, um sie wieder zu entschlüsseln./stw/lew/jha/