München (Reuters) - Hochwasser, Hagel und Corona: Die weltgrößten Rückversicherer setzen angesichts hoher Schäden und steigender Nachfrage auch im kommenden Jahr auf Preiserhöhungen.

"Die steigenden Preise bei vielen Wirtschaftsgütern und die jüngsten Großschäden sprechen für spürbar steigende Rückversicherungsraten in Europa", sagte Münchener-Rück-Vorständin Doris Höpke am Montag anlässlich des jährlichen Branchentreffens in Baden-Baden. Dort wird über die Verträge mit den Erstversicherern gesprochen, die zum Jahreswechsel zur Erneuerung anstehen. Hannover-Rück-Vorstand Michael Pickel sagte, insbesondere höhere Preise am Bau und für Autoreparaturen trieben die Preise nach oben.

Ob die Branchenriesen aber tatsächlich bessere Konditionen bei den Erstversicherern und Maklern durchdrücken können, ist fraglich. Denn das Angebot an Rückversicherungsschutz ist laut Höpke nicht knapp. Und die Flutkatastrophe im Rheinland und in der Eifel war das erste große Naturkatastrophen-Ereignis seit Jahren in Deutschland, so dass die Rückversicherungspreise in Europa zuletzt sehr niedrig waren. "Wir werden keinen so harten Markt bekommen wie vor 20 Jahren", sagte Höpke. Als Argument für Preiserhöhungen führt sie auch die Inflation ins Feld.

Pickel hofft in der Kfz-Versicherung, wo die Hannover Rück einer der größten Rückversicherer ist, zumindest auf stabile Preise. In der Kasko-Sparte, wo Hochwasser und Hagelschläge den Versicherern zugesetzt haben, gebe es zwar erheblichen Bedarf für Preisanpassungen. "Ob das aber so durchgesetzt wird, da kann man Zweifel haben", räumte er ein. Die Assekuranz sei vor allem von der Höhe der einzelnen Schäden an Autos und Häusern nach der Flut in Westdeutschland überrascht worden. "Da ist man hinten runtergefallen, wie teuer das war", sagte Pickel. Viele Häuser in den Fluggebieten seien abbruchreif und müssten woanders neu gebaut werden, Autos seien Totalschäden.

Die Deutschland-Tochter der Hannover Rück, E+S Rück, gehe deshalb inzwischen davon aus, dass der versicherte Schaden aus der Flutkatastrophe im Juli allein in Deutschland "eher bei zehn als bei neun Milliarden Euro" liegen werde, sagte Pickel. Weltmarktführer Münchener Rück sprach von bis zu acht Milliarden Euro Schaden in Deutschland und mehr als neun Milliarden in ganz Europa. Beide Zahlen liegen über den bisherigen Schätzungen des Branchenverbandes GDV und der Finanzaufsicht BaFin.

Die Kfz-Versicherer hatten zuletzt von der Corona-Pandemie profitiert, in der deutlich weniger gefahren wurde und deutlich weniger Unfälle passierten. 2020 habe die Branche insgesamt 2,8 Milliarden Euro technischen Gewinn erwirtschaftet, im laufenden Jahr werde trotz der Unwetterschäden ein Gewinn von rund 700 Millionen hängen bleiben - wobei die Kunden sowohl in der Kasko- als auch in der Haftpflichtversicherung im Schnitt rund zwei Prozent weniger zahlten. Für das kommende Jahr befürchtet E+S-Rück-Experte Stefan Schmuttermair aber eine Trendwende, die den Autoversicherern zum ersten Mal seit 2013 wieder rote Zahlen bescheren werde. Denn die Reparaturkosten für Autos stiegen seit Jahren - vor allem für Elektroautos, die immer stärker im Kommen sind.