BREMEN (dpa-AFX) - Im festgefahrenen Tarifkonflikt um die Löhne von Hafenarbeitern haben die Gewerkschaft Verdi und die Seehafenbetriebe ihre Gespräche wieder aufgenommen. Beide Seiten trafen sich am Montag in Bremen zu ihrer zehnten Verhandlungsrunde. Ein Ergebnis noch am selben Tag galt als unwahrscheinlich, eine Nachtsitzung als möglich. Mit einer Bewertung des Verhandlungsstandes in der Tarifkommission der Gewerkschaft ist erst am Dienstag zu rechnen. Sollten die Tarifparteien wieder ohne Einigung auseinandergehen, ist ein erneuter Ausstand in den großen Nordseehäfen möglich. Zuletzt hatte Verdi dort Mitte Juli den Güter- und Containerumschlag weitgehend lahmgelegt.

Beide Seiten hatten zuvor ihren Einigungswillen bekundet, lagen in der Einschätzung des Verhandlungsstandes aber auseinander. Während der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) nach der neunten Runde vor knapp zwei Wochen von Annäherungen sprach, hatte sich Verdi-Verhandlungsführerin Maya Schwiegershausen-Güth "enttäuscht über die geringe Annäherung" geäußert und vom ZDS ein abermals verbessertes Angebot verlangt. Es liege nun an den Arbeitgebern, ob es zu einem Verhandlungsergebnis komme.

In dem festgefahrenen Streit beharrt Verdi angesichts der hohen Inflation auf einer Sicherung der Reallöhne für alle Beschäftigten über die gesamte Laufzeit eines Tarifabschlusses. Während Verdi einen 12-monatigen Tarifvertrag favorisiert, streben die Arbeitgeber mit einem zuletzt als "final" bezeichneten Angebot eine Laufzeit von 24 Monaten an.

Im Kern dreht sich der Konflikt nun darum, nach welchen Kriterien und mit welchen Mechanismen ein Abschluss im zweiten Laufzeitjahr nachträglich angepasst oder sogar gekündigt werden kann, wenn die Inflation hoch bleibt. Nach Verdi-Angaben hatten die Arbeitgeber in der vorigen Verhandlungsrunde "ein Modell vorgelegt, das das Risiko für mögliche Preissteigerungen im zweiten Jahr zu 30 Prozent auf die Beschäftigten verlagert".

In einem Flugblatt an die Beschäftigten bezeichnete die Tarifkommission die zehnte Runde als "vorerst die letzte Möglichkeit, ohne weitere Maßnahmen zu einem Tarifabschluss zu kommen". In einem arbeitsgerichtlichen Vergleich hatten beide Seiden vereinbart, dass bis zum Abschluss des Verhandlungstermins zu keinem weiteren Arbeitskampf aufgerufen wird.

Die Gewerkschaft war mit einem Forderungspaket in die Verhandlungen gegangen, das nach Verdi-Angaben in der Spitze Lohnerhöhungen von bis zu 14 Prozent bei einer Laufzeit von 12 Monaten bedeutet hätte. Der ZDS taxiert sein Angebot bei 24 Monaten Laufzeit mit einem Plus von 12,5 Prozent für die Beschäftigten in Containerbetrieben und 9,6 Prozent für Mitarbeiter in konventionellen Betrieben. Für "Beschäftigungssicherungsbetriebe" mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten und einem Sanierungstarifvertrag beziffert der ZDS das Angebot mit 5,5 Prozent./kf/DP/ngu