HAMBURG (dpa-AFX) - Die Corona-Krise hat die Reedereien in Deutschland hart getroffen. Das geht aus einer Umfrage des Beratungsunternehmens Pricewaterhouse Coopers (PwC) hervor, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Fast die Hälfte der Reeder berichtete bei der Befragung im Sommer dieses Jahres von Liquiditätsengpässen im Zuge der Pandemie. 83 Prozent der Entscheider erwarteten, dass es noch in diesem Jahr zu zahlreichen Insolvenzen in der deutschen maritimen Industrie kommen werde.

Das habe sich aber bisher nicht so drastisch eingestellt wie im Sommer erwartet, sagte André Wortmann, Leiter des Maritimen Kompetenzzentrums bei PwC mit Sitz in Hamburg. Klar sei aber, dass Schifffahrtsunternehmen schon seit Jahren unter Druck stehen.

80 Prozent der Befragten zeigten sich überzeugt, dass die Krise ihre Geschäftsprozesse auch in den kommenden sechs Monaten maßgeblich beeinträchtigen wird. Ihre Wachstumsperspektive bis 2025 beurteilten die Reeder eher zurückhaltend. Mit einem Anstieg des weltweiten Frachtaufkommens rechneten laut Umfrage nur noch 52 Prozent der Entscheider - vor einem Jahr waren es noch 67 Prozent. "Das spiegelt die Unsicherheit, die im Markt vorhanden ist", sagte der stellvertretende Leiter des Maritimen Kompetenzzentrums von PwC, Burkhard Sommer.

Das Beratungsunternehmen hatte von einem unabhängigen Marktforschungsinstitut im Zeitraum von 3. Juni bis 7. August 95 Telefoninterviews mit Vertretern deutscher Reedereien führen lassen. Nur 22 Prozent der Reedereien hatten für den Fall, dass eine weltweite Pandemie auftritt, planerisch vorgesorgt, hieß es.

"Die Herausforderungen der ersten Pandemie-Welle haben die Reedereien noch gut bewältigt", betonte Wortmann. "Zwar mussten vereinzelt Schiffe in Quarantäne gehen, insgesamt haben die Lieferketten aber gehalten." Ein Großteil der Reeder berichtete zudem von Problemen mit dem Crewwechsel. Laut PwC hat die Corona-Krise zwar einen Schub bei der Digitalisierung gebracht. Doch der Digitalisierungsbedarf in der Schifffahrt bleibe hoch.

Die Umfrage ergab, dass der Veränderungsdruck in der Branche wahrscheinlich steigen wird. Zusammenschlüsse von Unternehmen würden erwartet, um die Herausforderungen bewältigen zu können. Viele Entscheider gingen bei der Befragung davon aus, dass die Mehrzahl der Reedereien die Krise nur mit staatlicher Hilfe meistern kann.

"Die derzeitige Krise darf den Blick nicht dafür verstellen, dass die grundsätzlichen Herausforderungen der Reedereien weiter bestehen bleiben", sagte Sommer. "Dazu zählt ganz maßgeblich die Finanzierung von neuen Schiffen wie auch die Ausrüstung bestehender Schiffe mit umweltfreundlicher Technologie, um bestehenden und zukünftigen Umweltauflagen gerecht zu werden."/let/DP/men