WILHELMSHAVEN/HAMBURG (awp international) - Die Reederei Hapag-Lloyd steigt beim einzigen deutschen Tiefwasserhafen für übergrosse Containerschiffe in Wilhelmshaven ein. Das teilte das Unternehmen am Dienstag in Hamburg mit und löste damit am JadeWeserPort und in Niedersachsen Hoffnung auf steigende Umschlagzahlen aus. In Hamburg wird befürchtet, dass Deutschlands grösster Hafen Containerverkehr verlieren könnte. Der Schritt der Hamburger Grossreederei treibt zugleich die Diskussion über ein arbeitsteiliges Zusammengehen der deutschen Häfen voran, um in der Konkurrenz mit Rotterdam und Antwerpen zu bestehen.

Hapag-Lloyd will sich am JadeWeserPort mit 30 Prozent in die Betreibergesellschaft Container Terminal Wilhelmshaven (CTW) einkaufen. Ausserdem wolle man 50 Prozent am Rail Terminal Wilhelmshaven (RTW) übernehmen. Diese Anteile gehörten bislang der dänischen Reederei Maersk. Der Terminalbetreiber Eurogate halte weiter die verbleibenden Anteile. Zum Kaufpreis sei Schweigen vereinbart worden. Weil eine Genehmigung der Kartellbehörde benötigt werde, werde der Abschluss in einigen Monaten erwartet.

Der 2012 in Betrieb genommene JadeWeserPort könnte jährlich 2,7 Millionen Standardcontainer (TEU) umschlagen, die Auslastung liegt bisher aber deutlich unter den Erwartungen. Doch diesen Hafen können auch die grössten Schiffe voll beladen mit bis zu 16,5 Meter Tiefgang unabhängig von Ebbe und Flut anlaufen. Hapag-Lloyd will ab 2023 neue Grossfrachter in Dienst stellen.

"Ich freue mich sehr, dass die Reederei Hapag-Lloyd das grosse Potenzial von Deutschlands einzigem Container-Tiefwasserhafen zu schätzen weiss und es nutzen möchte", sagte Holger Banik, Geschäftsführer der JadeWeserPort-Realisierungsgesellschaft. Maersk werde dem Hafen als Kunde erhalten bleiben, sagte Thomas Eckelmann, Vorsitzender der Gruppengeschäftsführung von Eurogate.

"Wir sind überzeugt, dass das auf lange Sicht vorteilhaft ist", sagte ein Sprecher der Hapag-Lloyd AG. Der Aufsichtsrat habe dem Einstieg in Wilhelmshaven zugestimmt. Man könne sich aber noch nicht zur künftigen Routenplanung für Wilhelmshaven wie Hamburg äussern.

Die Stadt Hamburg hält an der grössten deutschen Reederei einen Minderheitsanteil von 14 Prozent und sitzt auch im Aufsichtsrat. Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) kommentierte das Geschäft auf Twitter eher kritisch: "Mit Blick auf die Auswirkungen für Hamburg sind wir gegenwärtig noch nicht davon überzeugt", schrieb er. "Es wird darauf ankommen, evtl. Ladungsverluste für Hamburg zeitnah mindestens teilweise zu kompensieren - am besten im Rahmen einer Hafenkooperation im Norden. Daran arbeiten wir."

Die deutschen Containerhäfen haben unterschiedliche Stärken und Schwächen, was Zugang, Kapazität und Hinterlandanbindung betrifft. Hamburg (Umschlag 2020: 8,5 Millionen TEU) ist bei weitem der grösste Hafen und hat viel Industrie direkt am Hafen. Doch Grossschiffe können die lange Zufahrt trotz Vertiefung der Elbe nur mit verringerter Ladung passieren. Wilhelmshaven (2020: 423 000 TEU) ist abgelegen, der Eisenbahnanschluss wird erst Ende 2022 vollständig elektrifiziert sein. In Bremerhaven wurden 2020 etwa 4,8 Millionen TEU umgeschlagen.

Zugleich ist die Abfertigung in den deutschen Häfen weniger automatisiert und damit teurer als bei der Konkurrenz in den Niederlanden oder Belgien. Die Logistikfirmen Eurogate mit Wurzeln in Bremen und HHLA in Hamburg reden deshalb seit längerem über ein Zusammengehen, bislang aber ohne Ergebnis./fko/DP/jha