Zürich (awp) - Der Spezialkunststoff-Hersteller Gurit hat vor rund zwei Wochen die Übernahme einer Mehrheit der dänischen Fiberline Composites A/S bekanntgegeben. Fiberline ist ein Hersteller von sogenannt pultrudierten Karbon- und Glasfaserprodukten, die in der Windrotorblattproduktion eingesetzt werden.

Gurit-CEO Mitja Schulz zeigte sich am Dienstag an einer Telefonkonferenz für Analysten und Medien erfreut darüber. "Wir sehen Synergie-Möglichkeiten mit Fiberline in vielen Bereichen", sagte er. Insbesondere im Einkauf soll es Synergien geben, aber auch auf Kundenseite und operationell. Beziffern konnte er die Erwartungen der beiden Unternehmen allerdings noch nicht. "Wir stehen erst am Beginn der Integration von Fiberline", warb er um Verständnis.

Bereits im zweiten Semester soll Fiberline mit Gurit am bereits bestehenden Standort von Gurit im indischen Chennai gemeinsam produzieren. Eine gemeinsame Produktionsstätte ziehen die Verantwortlichen überdies im mexikanischen Tamaulipas in Betracht.

"Fiberline passt auch kulturell perfekt zu uns", fügte er an. Zudem soll die Akquisition auch das Marine- und das Industriegeschäft von Gurit stärken, den anderen beiden Standbeinen nebst dem Geschäft mit Windturbinen.

Gurit sieht hohes Wachstumspotential

Schulz verspricht sich von Fiberline einiges an Wachstumspotential. Im laufenden Jahr dürfte das Geschäft von Fiberline mit pultrudierten Karbonprodukten im zweistelligen Bereich wachsen, erklärte dazu Fiberline-CEO Lars Fuglsang. Im Geschäftsjahr 2021 habe dieser Bereich gar rund 40 Prozent zugelegt, mittelfristig sehen die Manager für dieses Geschäft ein Umsatzpotential von rund 300 Millionen Franken im Jahr.

Für die Strategieperiode bis 2025 ortet Schulz ein Umsatzpotential von Gurit und Fiberline zusammen von 750 bis 800 Millionen Franken. "Das liegt im Bereich des Möglichen", erklärte er. Grundsätzlich helfe der Zukauf bei der Erreichung der Ziele bis 2025. Unter anderem will Gurit bis dann im Jahr durchschnittlich ein Wachstum im mittleren einstelligen Prozentbereich aus eigener Kraft schaffen sowie eine operative Gewinnmarge im Bereich von 9 bis 11 Prozent.

Wie hoch die Profitabilität der übernommenen Fiberline im Vergleich mit derjenigen Gurits ist, wollte Schulz ebenfalls nicht verraten. Da Fiberline aber mit einer neuen Technologie für Windrotorblätter arbeite, sei das Unternehmen derzeit von Wachstum getrieben und habe ein wenig den Charakter eines Startups. Dies bedinge einen erhöhten Einsatz von Mitteln für den personellen Ausbau oder den Ausbau der Produktion.

Profitabilität dürfte kurzfristig leiden

Die Profitabilität von Gurit dürfte kurzfristig eher am unteren Ende der für Gurit üblichen Bandbreite liegen, fasste Schulz seine diesbezüglichen Erwartungen zusammen. Längerfristig dürften die Gewinnspannen aber steigen. Die konkreten neuen Finanzziele unter Berücksichtigung von Fiberline will Gurit mit den Halbjahreszahlen von Mitte August nennen.

Fiberline mit Hauptsitz im dänischen Middelfart betreibt Produktionsstätten in Dänemark und China und hat 2021 mit rund 300 Mitarbeitern einem Umsatz von 104 Millionen Franken erzielt.

Das Unternehmen beliefert grosse Windturbinen-OEMs auf der ganzen Welt, wobei sich das 1979 gegründete Unternehmen auf pultrudierte Komponenten für Blattholme aus Kohlenstoff und Glas sowie auf Blattwurzel-Einsätze spezialisiert habe. Fiberline verspricht sich ein "dynamisches Wachstum", da pultrudierte Karbonkomponenten die traditionelle Infusionstechnik für die Herstellung von Holmen in längeren Windrotorblättern ersetzen sollen.

Gurit hat das Recht, die verbleibenden 40 Prozent der Aktien in den Geschäftsjahren 2024 bis 2025 zu bereits festgelegten Konditionen zu erwerben. Sollte Gurit jedoch darauf verzichten, habe die bisherige Besitzerfamilie Thorning alternativ das Recht, das gesamte Unternehmen auf dem Markt zu verkaufen. "Wir wollen Fiberline ganz übernehmen", bekräftigte Schulz die Absichten von Gurit. Der Entscheid hänge aber noch von der Entwicklung gewisser Finanzkennzahlen ab.

cf/rw