Am Mittwoch brachen die Titel des MDax-Unternehmens aus Baden-Baden zeitweise erneut um mehr als 20 Prozent ein und steuerten auf den zweiten Rekord-Tagesverlust in Folge zu. Zu einem Preis von 35 Euro waren die Aktien so billig wie zuletzt vor fünfeinhalb Jahren. Grenke büßte damit seit Dienstag knapp eine Milliarde Euro an Börsenwert ein.

Das 1978 gegründete Unternehmen, das Geld mit der Vermietung von Büroausstattung und IT-Ausrüstung verdient, steht unter Beschuss des britischen Investors Fraser Perring. Er hatte am Dienstag einen 64-seitigen Bericht veröffentlicht, in dem er Vorwürfe wie Bilanzfälschung, Geldwäsche und Betrug gegen den Konzern erhebt. Gleichzeitig räumte Perring ein, mit geliehenen Aktien auf einen Kurssturz bei Grenke zu wetten. 2016 hatte der Investor schon einmal für Aufmerksamkeit an der deutschen Börse gesorgt, als er dem inzwischen insolventen Zahlungsabwickler Wirecard unter anderem Bilanztäuschung vorwarf.

Die Sorge vor einem zweiten Fall Wirecard macht Anleger nun vorsichtig, wie Börsianer sagten. "Bei Investoren überwiegt die Angst, nach dem Wirecard-Skandal erneut auf eine kuriose Buchhaltung hereinzufallen", sagte ein Händler. Außerdem wolle sich niemand dem Vorwurf aussetzen, die Aktie gehalten zu haben, obwohl die Anschuldigungen "überall in den Zeitungen" gestanden hätten. Die Finanzaufsicht BaFin schaut sich den Fall an.

GRENKE - "NACHWEISLICH FALSCH"

Grenke erklärte am Donnerstagabend, der Konzern weise die Behauptungen in Perrings Analyse "auf das Schärfste" zurück und werde gerichtlich gegen den Investor vorgehen. Insbesondere sei falsch, dass ein Großteil der ausgewiesenen liquiden Mittel von 1,08 Milliarden Euro nicht existiere. "Dies ist nachweislich falsch". Fast 80 Prozent davon - 849 Millionen - hätten Ende Juni bei der Deutschen Bundesbank gelegen. Auch die übrigen Vorwürfe Perrings sollen widerlegt werden.

Die Analysten von Bankhaus Lampe teilten daraufhin mit, an ihrem Kursziel für die Grenke-Aktien von 68,00 Euro und der Einstufung "hold" zunächst festzuhalten. Perring erklärte in einem weiteren Dokument auf der Website seiner Analysefirma Viceroy Research, Grenke habe bislang nicht auf Schlüsselfragen geantwortet, die er in seinem Report aufgeworfen habe.

Perring ist ein sogenannter Short-Seller, ein Leerverkäufer. Diese Art der Aktiengeschäfte sind an der Börse ein gängiges Mittel. Investoren verkaufen dabei Wertpapiere, die sie sich zuvor gegen eine Gebühr von anderen Marktteilnehmern geliehen haben. Sinkt der Aktienkurs bis zum Rückgabe-Datum, können sie sich am Markt billiger mit den Titeln eindecken und streichen die Differenz ein. Steigt der Kurs, droht den Leerverkäufern ein Verlust. Die BaFin hatte Anfang 2019 zeitweise Leerverkäufe von Wirecard-Aktien verboten und sich damit Kritik eingehandelt.