Der Ukraine Krieg hat für Volatilität an den Finanzmärkten gesorgt und der Ölpreis ist stark angestiegen. Jens Korte, wie wird die Situation derzeit in New York diskutiert?

Es wird vor allem darüber diskutiert, welche Anhaltspunkte man hat um die Situation einzuschätzen. Man fragt sich, welche Ereignisse aus der Vergangenheit Hinweise darauf liefern, worauf wir uns möglicherweise gefasst machen müssen. Als Beispiel hört man das Jahr 1956: also die Suezkrise und der Einmarsch Russlands in Ungarn. Oder 1962 als unter John F. Kennedy die Märkte unter Druck kamen obschon die Wirtschaft eigentlich gewachsen war. Auch 1982 wird genannt, damals unter Reagan war die Inflation sehr hoch. Aufschlussreich ist keines der Beispiele, aber sie zeigen, wie sehr die Investoren in diesen turbulenten Zeiten nach einem Leitfaden suchen.

Sie haben auch schon einige Krisen in ihrer Zeit in New York erlebt, lässt sich daraus ableiten, wie sich die Investoren in den nächsten Wochen verhalten?

Eine Krise ist natürlich nie wie die andere. Die momentane Situation erinnert mich aber an die Terroranschläge vom 11. September 2001. Damals war die Börse einige Tage geschlossen und als der Handel wieder aufgenommen wurde, gab es Druck auf Kurse. Doch es hat nur wenige Wochen gedauert, bis man sämtliche Kursverluste wieder aufgefangen hat. Normalerweise haben geopolitische Ereignisse auf die Aktienkurse keine langfristigen Auswirkungen.

Der Ursprung der Korrekturen, die wir im laufenden Jahr sehen, waren die angekündigten Zinserhöhungen US-Notenbank. Der Krieg in der Ukraine hat dann zusätzlich für Unsicherheit gesorgt. Insofern ist nicht davon auszugehen, dass wir innerhalb weniger Tage wieder in komplett ruhiges Fahrwasser kommen.

Der Ölpreis ist in den letzten Tagen stark gestiegen. Was können die Regierungen tun, um von den hohen Preisen zu entlasten?

Die Mittel sind begrenzt. Die Internationale Energieagentur IEA, der rund 30 Staaten angehören, hat zwar letzte Woche angekündigt, dass sie die strategischen Reserven von 60 Millionen Barrel anzapfen wird. Doch der tägliche Verbrauch liegt bei ungefähr 90 Millionen Barrel; diese Massnahme ist also nicht mehr als ein Tropfen auf den heissen Stein.

Die Geschwindigkeit, mit welcher der Ölpreis hier auf knapp 140 Dollar pro Barrel hinausgeschossen ist, war enorm. Wobei wir schon seit längerer Zeit damit rechnen, dass der Ölpreis die hundert Dollar Marke übersteigen wird. Doch es ist nicht nur der Krieg in der Ukraine, welcher den Ölpreis bestimmt. Es ist auch das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage. Und die Nachfrage ist hier in den USA enorm hoch, weil die Wirtschaft entsprechend wächst. Letztendlich wird es die Nachfrage sein, die den Ölpreis definiert. Nimmt sie ab, wird sich der Preis wieder normalisieren. Nimmt sie zu wird auch der Ölpreis weiter steigen.

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GKB - Graubündner Kantonalbank published this content on 07 March 2022 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 07 March 2022 16:09:01 UTC.