Der Ölpreis liegt derzeit über 90 US-Dollar pro Barrel. Jens Korte, wann wird er die 100 Dollar-Grenze knacken?

US-Banken wie J.P. Morgan oder Goldman Sachs halten es für möglich, dass die 100 Dollar-Grenze im Frühjahr durchbrochen wird. Es geht dabei weniger darum, ob diese hundert Dollar gerechtfertigt sind oder nicht, sondern um die Marktdynamik. Einige Analysten hier an der Börse sagen, dass der Markt diesen Preis pro Barrel einfach wieder einmal sehen will. Doch aller Irrationalität zum Trotz, auch der Ölpreis ergibt sich aus Nachfrage und Angebot. Die Nachfrage ist in den letzten Monaten stärker gestiegen als das Angebot, entsprechend hoch sind aktuell die Preise.

Der hohe Ölpreis kann als Inflationssignal gesehen werden. Zudem steigen in den USA die Löhne. Wie schätzen Sie die Wirkung von Rohstoffpreisen und Löhnen auf die Inflation ein?

Sowohl die Rohstoffpreise, allen voran der Ölpreis, wie auch die Löhne sind starke Inflationstreiber. Die Löhne dürften im Moment aber die Inflation noch etwas stärker beeinflussen als die Preise für Rohstoffe. Denn die aktuellen Daten des US-Arbeitsmarktes zeigen einen massiven Lohndruck. Alleine im Januar wurden in den USA fast 470'000 neue Stellen geschaffen. Das ist deutlich mehr als erwartet. Und was vielleicht noch wichtiger ist: Die Zahlen für November und Dezember wurden nachträglich um mehr als Hunderttausende Stellen nach oben korrigiert. Zusammengefasst wurden in den USA in den letzten drei Monaten über 1.6 Millionen neue Stellen geschaffen. Wir sehen also eine enorme Dynamik auf dem Arbeitsmarkt, dies lässt die Löhne stark ansteigen und treibt die Inflation nach oben. Deshalb ist eine erste Zinserhöhung der US-Notenbank im März sehr wahrscheinlich. Bleibt nur noch die Frage, ob es eine Erhöhung um 25 oder um 50 Basispunkte geben wird.

Während die Löhne und die Ölpreise steigen, gab es zuletzt extreme Schwankungen bei den Technologie-Aktien. Hier hat der Mutter-Konzern von Facebook, Meta Platforms, an einem Tag über einen Viertel des Marktwertes verloren. Ist das für Sie noch nachvollziehbar?

Das Unternehmen hat an einem Tag über 230 Milliarden US-Dollar an Marktwert verloren. So etwas gab es noch nie in der Geschichte der Wallstreet. Den bisherigen Negativrekord hält Apple. Das Unternehmen hat 2020 an einem Tag über 180 Milliarden US-Dollar an Marktwert eingebüsst. Im Fall von Meta Platforms ist klar, dass das Unternehmen Probleme hat. Es ist zusehends schwieriger für Facebook, gezielt Anzeigen direkt an die Nutzerinnen und Nutzer zu adressieren. Nicht zuletzt, weil die Hersteller von Betriebssystemen wie Apple dies mit Änderungen der Einstellungen verhindern. Dies könnte Meta Platforms nach eigenen Angaben etwa 10 Milliarden US-Dollar an Umsatz kosten und erstmals könnte Facebook Nutzerinnen und Nutzer verlieren. Manche Analysten hier in New York sagen, man müsse jetzt erst einmal sehen, ob Meta Platforms-Chef Mark Zuckerberg nach Facebook noch einmal so innovativ sein kann, dass es ihm gelingt, das zusehends schwierige Geschäftsmodell seiner Social Media-Plattform weiterzuentwickeln und profitabel zu halten.

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GKB - Graubündner Kantonalbank published this content on 07 February 2022 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 07 February 2022 16:29:10 UTC.