Pläne von US-Präsident Donald Trump, die weltweit führende Volkswirtschaft schrittweise zu lockern, sowie bereits beschlossene Erleichterungen in Europa machten Anlegern Mut. Dazu kam ein Bericht, wonach ein potenzielles Coronavirus-Mittel der US-Firma Gilead bei Tests positive Ergebnisse gezeigt habe. Der Dax legte am Freitag 3,1 Prozent zu auf 10.625,78 Punkte zu, das entspricht einem Wochenplus von 0,6 Prozent. Der EuroStoxx50 gewann 2,4 Prozent auf 2880,03 Zähler. In den USA notierten die Kurse ebenfalls etwas fester.

"Langsam einsetzende Lockerungsmaßnahmen, Medikamente für die Behandlung von Corona-Patienten und am Ende ein Impfstoff ? diese Kombination im Zeitablauf motiviert die Anleger in diesen Stunden zu neuen Aktienkäufen", sagte Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst vom Brokerhaus CMC Markets.

Dem Bericht auf einer medizinischen Internet-Seite zufolge zeigte das bei Ebola wirkungslose Gilead-Mittel Remdesivir Erfolge in einer Studie zu schwer erkrankten COVID-19-Patienten. "Die Anleger lechzen nach dem großen Wurf in der Corona-Pandemie", sagte Timo Emden vom gleichnamigen Analysehaus. "Für den Markt steht allerdings weiterhin fest, dass auch ein Wirkstoff kein Allheilmittel gegen die in Mitleidenschaft gezogene Weltwirtschaft darstellt. Viele Unternehmen stehen weiterhin vor dem wirtschaftlichen Kollaps und damit mit dem Rücken zur Wand. Zudem sitzt die Furcht einer zweiten Infektionswelle Börsianern konstant im Nacken."

Nach dem wochenlangen Stillstand in vielen Ländern steigen die Infektionszahlen langsamer. In Deutschland hält die Bundesregierung die Epidemie inzwischen für beherrschbar. Ab kommender Woche dürfen wieder mehr Geschäfte ihre Türen öffnen, auch Schüler sollen nach und nach wieder zum Unterricht kommen. In den USA soll der Stillstand nach dem Willen Trumps ebenfalls in Stufen beendet werden. Der Plan sei aber riskant, warnte Marktanalyst Milan Cutkovic vom Brokerhaus AxiTrader. "Die Lage in den USA kann kaum als stabil bezeichnet werden, und eine zweite Infektionswelle durch zu frühen Aktionismus könnte einen noch größeren Schaden anrichten."

CHINESISCHE WIRTSCHAFT BRICHT EIN

Die Pandemie hinterlässt schon jetzt tiefe Spuren in der Wirtschaft. So schrumpfte sie in China wegen der Virus-Krise zum Jahresauftakt erstmals seit Beginn der Aufzeichnungen 1992. "Die Zahlen machen deutlich, wie schmerzhaft der wirtschaftliche Absturz in Europa oder auch in den USA wird", sagte Thomas Gitzel, Chef-Volkswirt der VP Bank. Die Experten von RBC Capital Markets halten es für möglich, das die Wirtschaftsleistung in der Euro-Zone in diesem Jahr um 13,6 Prozent kollabiert, wenn die Ausgangssperren und Kontaktverbote im Grundsatz bis Ende Mai gelten und auch danach weitere Maßnahmen gelten.

GOLD UNTER DRUCK - KUPFER TEURER - ÖLPREIS STABIL

Wachsende Risikobereitschaft der Anleger machte die "Antikrisen-Währung" Gold unattraktiver. Sie verbilligte sich um bis zu 1,9 Prozent auf 1684,45 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Wegen der billionenschweren Geldspritzen der Notenbanken seien aber keine größeren Kursrückschläge des auch als Inflationsschutz genutzten Edelmetalls zu erwarten, sagten Börsianer.

Gefragt war dagegen Kupfer, das sich um ein Prozent auf 5189 Dollar je Tonne verteuerte. Dank der Lockerung der Virus-Restriktionen in China steige die Nachfrage des weltgrößten Abnehmers dieses Industriemetalls wieder, sagte Rohstoff-Händlerin Anna Stablum vom Brokerhaus Marex Spectron. Darauf wies auch der Bergbaukonzern Rio Tinto bei der Veröffentlichung seiner Quartalsergebnisse hin. Die Aktien des weltgrößten Eisenerz-Förderers stiegen dank überraschend hoher Förder- und Verkaufsmengen des Stahl-Rohstoffs in London um 2,8 Prozent.

Der Nachfrage-Einbruch durch die Coronavirus-Pandemie setzte dem Ölpreis erneut zu. Die US-Sorte WTI verlor in der Spitze fast 13 Prozent und war mit 17,31 Dollar je Barrel so billig wie zuletzt vor mehr als 18 Jahren. Die US-Lagerbestände füllten sich rasch, da die Raffinerien immer weniger Rohöl nachfragten, sagt Bjornar Tonhaugen, Chef des Ölgeschäfts beim vom Brokerhaus Rystad. Daran werde sich trotz der geplanten Lockerung der Virus-Restriktionen vorerst nichts ändern. Die Erholung der US-Konjunktur brauche Zeit.

AIRBUS PROFITIERT VON BOEING-PLÄNEN

Die geplante Wiederaufnahme der Produktion bei Boeing ermunterte Anleger zum Einstieg beim Rivalen Airbus und Zulieferern. Die Aktien des europäischen Flugzeugbauers legten 6,8 Prozent zu. Die Aktien der Triebwerksbauer Rolls-Royce und MTU gewannen 8,2 beziehungsweise 4,9 Prozent.