PARIS (dpa-AFX) - Durch den Tunnel unter dem Ärmelkanal können künftig deutlich mehr Züge fahren als bisher. Die Inbetriebnahme einer leistungsfähigeren Stromversorgung ermöglicht es fortan, bis zu 1000 Züge täglich durch den Tunnel zwischen Großbritannien und Frankreich zu schicken, teilte der Kanaltunnelbetreiber Getlink am Mittwoch in Paris mit. Bisher konnten sechs Züge pro Richtung gleichzeitig durch den Tunnel fahren, künftig sind dies acht. Die neue Technik ermögliche es Hochgeschwindigkeitszügen der neuen Generation, den Tunnel zu nutzen. 45 Millionen Euro wurden in die modernisierte Stromversorgung investiert.

Das Unternehmen Eurostar, bislang einziger Betreiber von Schnellzügen durch den Tunnel, erklärte am Mittwoch, die neue Technik ermögliche es, die jährlichen Fahrgastzahlen bis 2030 auf 30 Millionen zu steigern. 2019 vor der Corona-Krise waren es 11,1 Millionen Reisende. Zuletzt hatte Eurostar zu Stoßzeiten ein Drittel seiner Sitzplätze freigelassen. Grund dafür waren deutlich längere Wartezeiten für Passagiere am Londoner Bahnhof St Pancras, weil für die nötigen Grenzkontrollen zu wenige Beamte zur Verfügung standen.

Wie die Zeitung "Les Echos" berichtete, soll die Kapazität des Kanaltunnels mit der Installation des europäischen Zugleitsystem ERTMS weiter gesteigert werden. Das mache es für Wettbewerber des mehrheitlich der französischen Staatsbahn SNCF gehörenden Eurostar leichter, ebenfalls Züge durch den Tunnel zu schicken. Die spanische Staatsbahn Renfe habe bereits Pläne, ihre Züge bis nach London zu fahren.

Die technische Aufrüstung der Kanaltunnel-Strecke könnte auch einer Hochgeschwindigkeitsverbindung von London nach Deutschland neuen Schwung verleihen, schrieb "Les Echos". Interesse am Einrichten einer solchen Verbindung könnte bei Eurostar bestehen. Das Unternehmen fusionierte kürzlich mit Thalys, dem Betreiber der Schnellzüge von Paris nach Brüssel, Köln und Amsterdam. Der Plan ist, dieses Netz mit den Kanalzügen zu verzahnen./evs/DP/zb