- von Jan Schwartz und Christian Krämer

Hamburg/Berlin (Reuters) - Der angeschlagene Schiffbauer MV Werften ist pleite.

Die Unternehmensgruppe mit zuletzt knapp 2000 Mitarbeitern habe am Montag Insolvenz angemeldet, sagte ein Sprecher. Bei Gesprächen zwischen Bund, dem Land Mecklenburg-Vorpommern und dem Eigner Genting aus Hongkong sei keine Lösung für die weitere Finanzierung gefunden worden. Darüber seien die Mitarbeiter von der Geschäftsleitung informiert worden. Die Bundesregierung will sich für den Erhalt der Arbeitsplätze im strukturschwachen Nordosten einsetzen. Die Schuld für die Insolvenz sieht das Wirtschaftsministerium bei Genting.

Der MV-Werften-Sprecher sagte, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hätten am Freitag vergeblich versucht, einen Ausweg zu finden. "Als Bundesregierung haben wir alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Insolvenz der MV Werften zu vermeiden und so die Arbeitsplätze zu retten. Allerdings haben die Eigentümer unser Hilfsangebot ausgeschlagen", sagte Habeck. Das sei eine bittere Nachricht.

Ähnlich äußerte sich die neue Koordinatorin der Bundesregierung für Maritime Wirtschaft und Tourismus, Claudia Müller: "Heute ist ein sehr trauriger Tag für den Werftenstandort Deutschland, ganz besonders Mecklenburg-Vorpommern." Der Bund sei bereit gewesen, sich deutlich stärker als bisher zu engagieren - mit einem Volumen von 600 Millionen Euro für den Fertigbau des Kreuzfahrtschiffs "Global 1".

BUNDESREGIERUNG - EIGENTÜMER WOLLTE SICH NICHT ENGAGIEREN

Weil die MV Werften bereits mehrmals aus dem Corona-Rettungsfonds WSF Hilfen zugesagt bekommen hatten, wollte die Bundesregierung vom Eigentümer jetzt einen Eigenkapitalbeitrag von zehn Prozent haben, also 60 Millionen Euro. Müller sagte, eigentlich wären mindestens 20 Prozent üblich gewesen. "An dieser Stelle gab es kein Zusammenkommen zwischen Genting und Bund." Nun müsse es darum gehen, den Werftenstandort und gut bezahlte Jobs in Mecklenburg-Vorpommern zu sichern. "Ich sehe eine Perspektive für den Werftenstandort, für die Industrie, die es dort gibt. Es gibt durchaus Interessenten, es gibt bereits Verhandlungen für einzelne Standorte." Als Beispiel nannte sie Stralsund.

Die Gewerkschaft IG Metall zeigte sich entsetzt. "Dieser Montag ist ein schwarzer Tag für den Schiffbau in Deutschland", erklärte der für den Bezirk Küste zuständige IG-Metall-Chef Daniel Friedrich. Er zeigte sich zugleich wenig optimistisch, dass eine baldige Lösung gefunden werden könne. "Das Vertrauen auf allen Seiten scheint endgültig aufgebraucht." Friedrich forderte die Berufung von Insolvenzverwaltern, die mit Unterstützung der IG Metall, Betriebsräten und der Politik auf einen Erhalt der Arbeitsplätze setzten. Wichtigste Aufgabe in Mecklenburg-Vorpommern sei es zunächst, für die Beschäftigten möglichst schnell die ausstehenden Löhne und Gehälter zu organisieren. Auch in der Insolvenz müsse es möglich sein, das Schiff "Global 1" auf der Werft in Wismar fertigzustellen. Darüber hinaus sei es wichtig, schnell auf mögliche Investoren zuzugehen.

Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) hatte erst im vergangenen Jahr grünes Licht für 300 Millionen Euro an Staatshilfen gegeben. Danach wollten die MV Werften ihre Restrukturierung angehen. Die Werften in Wismar, Rostock und Stralsund gehören seit 2016 dem börsennotierten Glücksspiel- und Kreuzfahrtkonzern Genting. Der Einbruch des Geschäfts mit Kreuzfahrten in der Corona-Krise hatte den Mutterkonzern in finanzielle Schwierigkeiten gebracht.

Die MV Werften hatten zuletzt alles daran gesetzt, "Global 1" fertigzustellen. Nach Angaben des Sprechers ist das Schiff, das mit 2500 Kabinen und Platz für 9500 Passagiere konzipiert ist, zu drei Vierteln fertig. Erst im Dezember sei ein für die Finanzierung wichtiger Meilenstein erreicht worden. Wegen der in der Pandemie zunehmenden Bedenken über die weitere Entwicklung der Kreuzschifffahrt seien jedoch vereinbarte Zahlungen ausgeblieben. Die "Global 1" gehört mit 342 Metern Länge, 46 Metern Breite und 20 Decks zu den größten Schiffen dieser Art.