Von Nathaniel Taplin

NEW YORK (Dow Jones)--Die großen Ölkonzerne haben sich an ein rohstoffhungriges China gewöhnt. Aber chinesische Energieunternehmen fangen an, sich auf einen generellen Höhepunkt der Ölnachfrage um die Mitte des Jahrzehnts einzustellen. Sinopec, Chinas größter Raffineriebetreiber, schätzte bereits im Dezember, dass die Nachfrage des Landes nach Ölprodukten im Jahr 2025 ihren Höhepunkt erreichen wird.

Obwohl die Pläne sehr ambitioniert sein dürften, deuten mehrere Entwicklungen im vergangenen Jahr auf einen baldigen Höhepunkt der Ölnachfrage hin. So hat sich China im September zu einer kohlenstoffneutralen Wirtschaft bis 2060 verpflichtet. Das Rennen um die Vorherrschaft bei Elektrofahrzeugen ist zudem nunmehr vollends entbrannt, wobei von General Motors bis Apple viele Akteure um Marktanteile buhlen. Außerdem sorgt die Wahl von Joe Biden zum US-Präsidenten für Appetit unter Investoren nach erneuerbaren Energien.


 
China stört sich an Abhängigkeit von Ölimporten 
 

Gleichzeitig bleiben die Beziehungen zwischen den USA und China extrem angespannt. Daraus resultiert ein erhebliches und stark zunehmendes Unbehagen Pekings über seine Abhängigkeit von großen Ölimporten und allgemeinen Anfälligkeit in einer potenziellen geopolitischen Krise. China ist mit Abstand größter Rohölimporteur der Welt und wird im Jahr 2020 mehr als 10 Millionen Barrel pro Tag importieren.

Nichtsdestotrotz gibt es einige nur zu deutliche Hindernisse, um in den nächsten fünf Jahren einen Höchststand zu erreichen. Laut Daten von BP etwa legte Chinas Ölverbrauch im Jahr 2019 um 5 Prozent zu - also noch vor Ausbruch der Corona-Krise. Und dieses Plus rangierte auch noch um etwas über dem Durchschnitt der davorliegenden fünf Jahre. Zwar nimmt die Verbreitung von Elektrofahrzeugen in China rasant zu, ist aber mit etwa 5 Prozent der verkauften Neuwagen immer noch relativ gering, und selbst die aktuellen offiziellen Ziele sehen nur eine Marktdurchdringung von 20 Prozent bis 2025 vor.


 
Hoffen auf höhere Spriteffizienz der Autos 
 

Um das Ölverbrauchsmaximum bis 2025 zu schaffen, muss China also die Effizienz der traditionellen Transportmittel deutlich steigern. Ein Peak-Oil-Szenario für die Mitte des Jahrzehnts - im Dezember vom chinesischen Forschungsinstitut Catarc und dem US-amerikanischen Natural Resources Defense Council NRDC veröffentlicht - kommt zu einem bemerkenswerten Schluss.

So werde in den nächsten fünf Jahren der Großteil der potenziellen Öleinsparungen im Transportsektor mit einer effizienteren Struktur des Straßentransports erzielt und nicht dank der Revolution bei Elektrofahrzeugen und trotz eines höheren Benzinverbrauchs. Eine höhere Spriteffizienz bei Kraftfahrzeugen ist die wichtigste Quelle für potenzielle Einsparungen, die etwa 35 Prozent des Gesamtbetrags ausmacht.


 
Chinesen schwören auch zunehmend auf SUVs 
 

Starker Gegenwind weht den chinesischen Behörden derlei wegen der zunehmenden Vorliebe der inländischen Verbraucher für größere und schwerere Fahrzeuge entgegen - ein Trend, den kletternde Einkommen und billiges Öl im vergangenen halben Jahrzehnt noch verstärkten. Laut der Internationalen Energieagentur machten im Jahr 2019 44 Prozent der Verkäufe von Leichtfahrzeugen SUVs aus. Dagegen betrug die entsprechende Kennziffer im Jahr 2010 noch lediglich 14 Prozent.

Eine effizientere Transportstruktur birgt indes ihre eigenen Herausforderungen in sich. Theoretisch verfügt China über viel Spielraum, um den Ölverbrauch dank Verlagerung von der Straße auf die Schiene zu drosseln. Außerdem könnte das Land in einen besseren öffentlichen Personennahverkehr investieren und die Stadtplanung optimieren. Nach Angaben des NRDC wickelte China im Jahr 2017 nur etwa ein Fünftel des Gütertransports auf der Schiene ab, verglichen mit etwa 50 Prozent auf der Straße. In den USA und Russland lag der Anteil der Schiene bei jeweils 33 Prozent und 43 Prozent.


 
Elektroautos könnten baldiges Maximum beim Ölverbrauch einläuten 
 

Da jedoch die Geld- und Fiskalpolitik im Zuge der wirtschaftlichen Erholung knauseriger ausfallen wird, könnten sich die Gesamtinvestitionen im Transportsektor verlangsamen. Die Bahninvestitionen in China gingen im gesamten Jahr 2020 um 2,2 Prozent zurück, wohingegen sie in den ersten drei Quartalen um 4,5 Prozent zunahmen.

Das Jahr 2025 ist zwar nicht das Jahr, in dem China sein Ölverbrauchsmaximum erreichen dürfte, aber es könnte nicht viel weiter in der Zukunft liegen. So liegt das nicht zuletzt dank der stärkeren Verbreitung von Elektrofahrzeugen im späteren Verlauf des Jahrzehnts auf der Hand. Dann sollte diese Entwicklung nämlich an Fahrt gewinnen. Für Investoren in Firmen, die noch fossile Brennstoffe einsetzen, heißt das aufgepasst.

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February 15, 2021 03:23 ET (08:23 GMT)