Zürich (awp) - Der Vermögensverwalter GAM hat einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung Krisenbewältigung gemacht. Nachdem die in Verruf geratenen Fonds seit kurzem liquidiert sind, wurde nun ein neuer Konzernchef ernannt.

Per Anfang September wird Peter Sanderson - zuletzt mehr als zehn Jahre für Blackrock tätig - den Chefsessel bei GAM einnehmen. Interimschef David Jacob wird nach einem Übergangsmonat ab Oktober Präsident. Noch-VRP Hugh Scott-Barrett tritt ab.

Jacob, der auch seit 2017 im Verwaltungsrat sitzt, hatte den Chefposten im November 2018 vorübergehend übernommen, nachdem Alexander Friedman nach massiver starker Kritik zurückgetreten war. Alles begann damit, dass im Juli 2018 - also vor einem Jahr - der Investmentmanager Tim Haywood suspendiert wurde. Später wurde er wegen schweren Fehlverhaltens entlassen. Dabei ging es um Verstösse gegen interne Richtlinien.

Haywood will nicht klagen

Die Affäre stürzte GAM in eine tiefe Krise. Denn die von ihm betreuten Fonds mit sogenannter Absolute-Return-Bond-Strategie (ARBF) wurden vom Handel ausgesetzt, woraufhin viele Anleger ihre Gelder abzogen. Die Liquidierung wurde beschlossen, und diese konnte nun bis Mitte Juli 2019 abgeschlossen werden. Bis Ende des Monats erfolgten die letzten Rückzahlungen, den Angaben zufolge im Durchschnitt mehr als 100 Prozent des Portfoliowerts.

Man habe sich zudem mit Haywood geeinigt, sich gegenseitig nicht zu verklagen, hiess es am Dienstag. Der einstige Star-Fondsmanager hatte zuvor mehrere der vorgebrachten Anschuldigungen bestritten und war der Ansicht, dass er zu Unrecht herausgegriffen wurde.

Vielmehr wolle GAM das ARBF-Thema jetzt abschliessen, in die Zukunft schauen und sich ganz auf das künftige Wachstum des Geschäfts konzentrieren. Das unterstreiche auch die Ernennung des neuen Chefs, sagte Noch-CEO Jacob an einer Telefonkonferenz.

Ehemaliger Blackrock-Manager

Sanderson sei genau der richtige für den Job, so Jacob. Der Neue hat keine leichte Aufgabe: Er muss das Geschäft weiter stabilisieren und das Vertrauen bei den Kunden wieder herzustellen. Zudem will GAM Kosten einsparen - und somit auch Stellen - und effizienter werden. Nicht zuletzt muss das Unternehmen auch beweisen, dass es die internen Kontrollen besser im Griff hat.

Daher sei es auch die richtige Entscheidung, jemanden von ausserhalb des Unternehmens zu holen, sagte Jacob weiter. Man sei zwar offen gewesen und habe verschiedene interne und externe Kandidaten angeschaut. Für einen Externen dürfte es jedoch einfacher sein, die Aufgabe anzugehen.

Bei Blackrock habe Sanderson bereits in verschiedenen Funktionen grosse Bereiche geleitet - und vor allem auch Restrukturierungen verantwortet. Die Analysten halten sich mit abschliessenden Beurteilungen über die Personalie noch etwas zurück. Der neue CEO habe gemäss Lebenslauf noch keine Fondsgesellschaft geleitet, aber immerhin habe er - im Gegensatz zu Vorvorgänger Friedman - Erfahrung im operativen Bereich, kommentierte etwa ZKB-Analyst Michael Kunz.

Übernahme damit vom Tisch?

Mit der Ernennung von Sanderson dürften nun auch die Spekulationen über einen Verkauf von GAM leiser werden. Der Verwaltungsrat prüfe nach wie vor "alle Optionen, um den Shareholder Value zu optimieren", bestätigte zwar Jacob auf eine entsprechende Frage frühere Aussagen. Aber der Fokus liege auf dem Turnaround des Geschäfts. In den vergangenen Monaten war der Asset Manager am Markt immer wieder als Kaufziel gehandelt worden.

Der Weg aus der Krise ist aber bei weitem noch nicht geschafft. So kam es im ersten Halbjahr 2019 zu weiteren Abflüssen von Geldern, sogar stärker als am Markt erwartet. Allerdings seien im Juni und Juli wieder Zuflüsse verzeichnet worden, hiess es, ohne diese zu quantifizieren.

Ende Juni verwaltete GAM unter dem Strich Vermögen von 136 Milliarden Franken. Vor einem Jahr waren es noch 164 Milliarden gewesen. Mit dem Rückgang sackte auch der Betriebsertrag um 42 Prozent auf 167,3 Millionen Franken ab, womit unter dem Strich ein Konzernverlust von 13,6 Millionen Franken blieb. Einmalkosten wegen der ARBF-Angelegenheit und die Restrukturierung belasteten mit bis zu 7 Millionen Franken.

Grosse Entlastung ist in naher Zukunft auch nicht vom Marktumfeld zu erwarten: Dieses bleibe volatil, und die Kunden dürften wahrscheinlich vorsichtig und preissensibel bleiben, hiess es.

Der Markt zeigt sich derweil hoffnungsvoll und wertet die Neuigkeiten klar als Fortschritt: An der Börse notieren GAM am Dienstag kurz vor dem Mittag im bisherigen Tageshoch bei 4,49 Franken 8,7 Prozent im Plus.

ys/tp