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BAD HOMBURG (dpa-AFX) - Ein erneuter Gewinneinbruch bei der Dialysetochter Fresenius Medical Care (FMC) und höhere Kosten auch infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine machen dem Medizin- und Krankenhauskonzern Fresenius zu schaffen. "Die anhaltende Corona-Pandemie, der Krieg in der Ukraine, Engpässe in den Lieferketten und vor allem die teils erheblichen Kostensteigerungen haben das erste Quartal belastet", sagte Konzernchef Stephan Sturm am Mittwoch laut Mitteilung in Bad Homburg. Dennoch fielen die Kennziffern des Dax-Konzerns besser aus als von Analysten erwartet.

Fresenius kündigte zudem personelle Veränderungen im Vorstand an. So verlässt die bisherige Finanzchefin Rachel Empey auf eigenen Wunsch das Unternehmen. Ihr folgt Sara Hennicken. Die bisherige Bereichsleiterin Finanzen übernimmt den Vorstandsposten zum 1. September. Darüber hinaus scheidet FMC-Chef Rice Powell altersbedingt Ende Dezember 2022 aus dem Vorstand aus. Auf den 66-Jährigen folgt Carla Kriwet, die zuletzt Vorsitzende der Geschäftsführung der BSH Hausgeräte GmbH war.

Fresenius erwartet für das laufende Jahr weiterhin Belastungen durch die Corona-Pandemie. Die Zahl der Covid-19-Fälle sollte aber nun sinken, während die Zahl der planbaren Behandlungen sowie die Verfügbarkeit von Personal steigen dürfte. Wegen der erhöhten Unsicherheit mit Blick auf den Ukraine-Krieg rechnet der Konzern zudem im laufenden Geschäftsjahr mit einer stärkeren Belastung durch die Kosteninflation und die Lieferkettenengpässe. Im ersten Quartal hätten die Folgen des Krieges den Gewinn von Fresenius bereits mit 14 Millionen Euro belastet, hieß es.

An der Börse ging es zur Wochenmitte für die Fresenius-Papiere aufwärts. Sie stiegen als einer der Favoriten im Dax zuletzt um rund 2,6 Prozent. Fresenius habe starke Ergebnisse vorgelegt, schrieb Analyst Daniel Grigat von der Investmentbank Stifel in einer ersten Reaktion. Die operative Entwicklung sei besser als befürchtet. Ein Händler bemängelte unterdessen, der Abgang der Finanzchefin sei "ein Haar in der Suppe".

Den Umsatz konnte Fresenius in den ersten drei Monaten des Jahres zwar um acht Prozent auf rund 9,7 Milliarden Euro steigern. Höhere Kosten machten die Zuwächse beim Gewinn aber zunichte. Das um Sondereffekte bereinigte Betriebsergebnis (Ebit) lag mit 996 Millionen Euro leicht unter dem Vorjahreswert. Unter dem Strich ging das Konzernergebnis von 435 Millionen Euro im Vorjahr auf 413 Millionen Euro zurück.

Im vergangenen Quartal profitierte Fresenius im Klinikgeschäft vor allem in seinen Häusern in Spanien von einer hohen Nachfrage. Aber auch Deutschlands größter privater Krankenhausbetreiber Helios erholt sich sukzessive von der Pandemie. In den rund 90 Häusern hierzulande stiegen die Fallzahlen wieder an. Aufwärts ging es auch bei der auf Infusionen und Nachahmermedikamente spezialisierten Tochter Kabi - sie kämpfte zwar mit einem anhaltend schwierigen Geschäft in Nordamerika, konnte sich aber in Schwellenländern zuletzt deutlich verbessern. Auch die Servicegesellschaft Vamed wies ein Plus für den Erlös und das Ergebnis aus.

Die Dialysetochter FMC wird unterdessen weiter durch deutlich höhere Personalkosten aufgrund der Pandemie belastet. Daneben muss das Unternehmen im Geschäft mit eigenen Produkten stark gestiegene Material- und Logistikkosten schultern. Der Krieg in der Ukraine habe zusätzlich belastet, hieß es weiter. Auch sei die Übersterblichkeit der Dialysepatienten im Laufe des vergangenen Quartals zwar rückläufig gewesen, jedoch höher ausgefallen als gedacht. Der Gewinn brach somit um fast 40 Prozent auf 157 Millionen Euro ein, während der Umsatz um acht Prozent auf knapp 4,55 Milliarden Euro kletterte.

FMC-Aktien fanden sich denn auch mit einem Abschlag von fast vier Prozent nahezu am Dax-Ende wieder. Laut Analyst David Adlington von der US-Großbank JPMorgan schnitt der Dialyseanbieter im Rahmen der Erwartungen ab. Allerdings ließe sich die Qualität der Ergebnisse womöglich infrage stellen, da unter anderem Gewinne aus dem Verkauf von Kliniken enthalten seien.

Mutter Fresenius und Tochter FMC haben in den vergangenen Jahren enorm an Vertrauen an der Börse verloren. Mehrere Gewinnwarnungen verschreckten Investoren. Zudem belastete die Pandemie das Geschäft in Kliniken, wo nicht zwingende medizinische Eingriffe oft verschoben wurden. Zugleich sterben weiter viele Dialysepatienten bei FMC an Corona, und die Kosten etwa für Hygienemaßnahmen stiegen stark. Auf Sicht von fünf Jahren haben Fresenius-Aktien über die Hälfte an Wert verloren.

Angesichts der Belastungen durch die Pandemie hatten beide Unternehmen bereits 2021 jeweils eigene Sparprogramme auf den Weg gebracht. Zur Wochenmitte bekräftigten Fresenius und FMC ihre Ziele, die Umsatz- und Ergebnisverbesserungen für 2022 vorsehen.

Fresenius-Chef Sturm ist angesichts des Drucks auf den Konzern inzwischen auch bereit, für mögliche Großübernahmen insbesondere bei der Kliniktochter Helios und der Dienstleistungssparte Vamed externe Investoren ins Boot zu holen. Zugleich schloss er Schritte wie einen Verkauf von FMC nicht aus. Ebenso denkbar seien Börsengänge der Kliniksparte Helios und der Projekttochter Vamed. Schon 2021 hatte Sturm eine Überprüfung der Konzernstruktur ins Spiel gebracht, um den Aktienkurs zu erhöhen.

Darüber hinaus peilt Fresenius bis 2023 jährliche Einsparungen von mindestens 150 Millionen Euro an und hat bei FMC den Abbau von weltweit 5000 Jobs angekündigt. Im Zuge dessen sollen in den kommenden Jahren auch 500 bis 750 Stellen in Deutschland wegfallen. Eine Einigung mit Arbeitnehmervertretern steht noch aus./tav/als/mis/jha/