Berlin (Reuters) - Die deutschen Flughäfen erwarten auch im nächsten Jahr trotz des anziehenden Luftverkehrs massive Einbußen.

Die Zahl der Passagiere dürfte immer noch rund 35 Prozent unter dem Vorkrisenniveau von 2019 liegen, nach minus 71 Prozent in diesem Jahr, wie der Airportverband ADV am Dienstag mitteilte. 2023 dürfte der Wert dann nur noch rund 17 Prozent unter dem Stand vor der Virus-Pandemie liegen und 2024 rund sieben Prozent darunter. In den Jahren danach könnte das alte Niveau wieder allmählich erreicht werden. "Es geht wieder aufwärts", sagte ADV-Präsident Stefan Schulte in Berlin. "Die Bevölkerung will wieder fliegen." Die Branche sei ein Stück weit optimistisch.

Dennoch bringt die Corona-Krise viele Flughäfen in wirtschaftliche Bedrängnis. Nach einem Umsatzminus von 55 Prozent im Corona-Jahr 2020 rechne man auch für dieses Jahr nur mit der Hälfte der Erlöse im Vergleich zu 2019, sagte ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel. Nach einem Vorsteuergewinn von rund 800 Millionen Euro 2019 hätten die Airports 2020 rund 2,1 Milliarden Euro Verlust gemacht und rechneten für dieses Jahr noch einmal mit einem Minus von 1,5 Milliarden Euro. ADV-Präsident Schulte geht davon aus, dass manche Flughäfen 2024 wieder schwarze Zahlen schreiben könnten, andere wohl erst 2025. Mittelfristig werde der Luftverkehr in Europa wohl nur noch um zwei bis zweieinhalb Prozent wachsen - und damit weniger als ursprünglich erwartet und weniger als der weltweite Luftverkehr.

Zuversichtlich äußerte sich Schulte zum wieder anziehenden Markt für Geschäftsreisen. Hier werde man in den nächsten zwei, drei Jahren aber wohl nur 70 bis 80 Prozent des ursprünglichen Niveaus erreichen. Derweil liege die Luftfracht wieder über dem Stand aus der Vor-Corona-Zeit, nicht zuletzt wegen Lieferengpässen bei wichtigen Industrieprodukten auf dem Seeweg.

Während der bundesweiten Sommerferien vom 19. Juni bis 12. September zählten die deutschen Flughäfen 28,6 Millionen Passagiere. Das waren zwar fast 15 Millionen mehr als vor einem Jahr, aber nur 52 Prozent des Vorkrisenniveaus von 2019. Im gesamten ersten Halbjahr lag die Passagierzahl noch 86 Prozent unterm Vorjahr - es gab so wenig Fluggäste wie zuletzt 1971.

Von der künftigen Bundesregierung wünschen sich die Flughäfen Unterstützung, um den Luftverkehr klimaneutral zu machen. Die Bemühungen auf EU-Ebene müssten aber wettbewerbsneutral sein - dürften also die europäische Luftfahrtbranche nicht benachteiligen, mahnte Schulte. "Es kann nicht sein, dass es ein Konjunkturprogramm für den Nahen und Mittleren Osten wird."