Brüssel/Frankfurt (Reuters) - Fluggesellschaften in Europa werden im Kampf gegen den Klimawandel künftig stärker für ihre CO2-Emissionen zur Kasse gebeten.

Unterhändler der EU-Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments und der EU-Kommission einigten sich am Mittwoch auf schärfere Regeln für Airlines im CO2-Emissionshandelssystem. Sie müssen nach diesem schon seit zehn Jahren für den Ausstoß des Treibhausgases von Flügen innerhalb Europas bezahlen, um einen Anreiz zur CO2-Reduktion zu haben. Ein großer Teil der Verschmutzungsrechte wird ihnen bisher aber kostenlos zugeteilt. Dieses Kontingent werde 2024 um 25 Prozent gesenkt, 2025 um 50 Prozent und ab 2026 ganz wegfallen, erklärte das EU-Parlament.

Der Airline-Verband A4E nannte die Abschaffung der kostenlosen CO2-Zertifikate zutiefst enttäuschend. Die jährlichen Kosten dafür würden sich bis 2025 auf fünf Milliarden Euro verfünffachen. Die Airlines müssten damit zahlen, lange bevor es wirksame Instrumente für einen klimafreundlichen Luftverkehr gebe. Der internationale Airline-Verband IATA erklärte zuletzt, die Ticketpreise müssten wegen steigender CO2-Kosten erhöht werden.

Die Lufthansa forderte die Mitgliedstaaten auf, den Kompromiss nicht zu akzeptieren. Ihrer Ansicht nach stellt er für die Airlines in Europa ein Wettbewerbsnachteil gegenüber nicht-europäischen Anbietern in Europa dar. "Der ETS schafft eine Zweiklassengesellschaft zwischen Airlines, die ihre Langstrecken von europäischen Hubs anbieten und jenen, die von Drehkreuzen vor den Toren der EU starten", erklärte die Lufthansa. Emissionen würden damit nicht vermieden, sondern verschoben. EU-Staaten und Parlament müssen das Gesetz noch final absegnen.

WEITERE VERSCHÄRFUNG MÖGLICH

Auch die Umweltlobby "Transport & Environment" (T&E) kritisierte das Gesetz, weil der Emissionshandel internationale Flüge weiterhin außen vor lässt. Die seien aber für 58 Prozent des Treibhausgasausstoßes der Luftfahrt verantwortlich. "Eine Durchschnittsfamilie in Europa wird weiterhin mehr für CO2-Emissionen bezahlen als Vielflieger auf der Langstrecke", monierte T&E-Luftfahrtexperte Jo Dardenne. Die EU-Staaten hätten die Erweiterung abgelehnt mit Verweis auf den internationalen Mechanismus Corsia. Über das von der staatlichen UN-Luftfahrtorganisation ICAO etablierte System werden CO2-Emissionen reduziert, indem die Airlines Klimaschutzprojekte finanzieren. Nach Ansicht von T&E ist der 2016 eingeführte Ausgleichsmechanismus zu schwach. Die EU will 2026 überprüfen, ob mit Corsia das Ziel des klimaneutralen Luftverkehrs bis 2050 erreicht werden kann. Falls nicht, würde der Emissionshandel auf internationale Flüge ausgeweitet. Geplant ist außerdem, dass die Airlines ab 2028 auch ETS-Verschmutzungsrechte für den Ausstoß von Stickoxid und Rußpartikeln kaufen müssen.

Ein wichtiges Instrument für Klimaschutz im Luftverkehr ist der Umstieg auf nachhaltiges Flugbenzin (SAF). Dafür sollen die Airlines 20 Millionen CO2-Zertifikate kostenlos erhalten, um die höheren Kosten im Vergleich zum fossilen Kerosin stemmen zu können. Das sei ein erster richtiger Schritt, um Wettbewerbsnachteile der Europäer auszugleichen, erklärte der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft. "Allerdings reicht die Zahl dieser Zertifikate nicht einmal annähernd aus, um die in diesem Zeitraum entstehenden Mehrkosten zu decken."

(Bericht von Kate Abnett, Ilona Wissenbach, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)