Peking (Reuters) - In China stellen steigende Corona-Infektionszahlen Pläne für eine Wiedereröffnung der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt weiter infrage.

Die Behörden meldeten für Dienstag 28.883 neue lokale Fälle nach 27.899 am Vortag und damit nahe der Tageshöchstwerte vom April. Vielerorts wurden die Maßnahmen verschärft, um weitere Infektionen zu verhindern. In Shanghai wurde der zweite Tag des Autogipfels China Automotive Overseas Development Summit abgesagt. In der Stadt dürfen Einreisende innerhalb von fünf Tagen nach ihrer Ankunft keine Einkaufszentren und Restaurants betreten. In Peking, wo mit 1486 Fällen ein weiterer Tageshöchststand erreicht wurde, bleiben Einkaufszentren, Restaurants, Museen und Parks weitgehend geschlossen.

"Die nächsten Wochen könnten in China die schlimmsten seit den ersten Wochen der Pandemie sein, sowohl für die Wirtschaft als auch für das Gesundheitssystem", erklärten die Analysten von Capital Economics. Es sei wenig wahrscheinlich, dass die Behörden im Winter von ihrem strikten Null-Covid-Kurs abrückten, zugleich bestehe aber ein erhebliches Risiko, dass die Eindämmungsbemühungen scheitern. Das dürfte der chinesischen Wirtschaft einen noch nie dagewesenen Schaden zufügen.

Die großen Produktionszentren Chongqing und Guangzhou verzeichnen seit Tagen anhaltend hohe Fallzahlen, die den größten Teil der chinesischen Gesamtfälle ausmachen. Obwohl die Infektionszahlen in China im weltweiten Vergleich niedrig sind, hält das Land weiterhin an seiner Null-Covid-Politik fest, was für zunehmende Frustration in der Bevölkerung sorgt und die Wirtschaft belastet.

Beim Apple-Zuliefer Foxconn kam es Medienberichten zufolge erneut zu Unruhen wegen der Arbeitsbedingungen infolge der Corona-Maßnahmen. Videos in den sozialen Medien zeigten am Mittwoch mehr als hundert Menschen, die sich als Foxconn-Mitarbeiter ausgaben, die im Werk in der chinesischen Industriestadt Zhengzhou Absperrungen niederrissen und mit Personen in Schutzanzügen aneinandergerieten. Männer mit Stöcken schlugen auf Überwachungskameras und Fenster eines Gebäudes auf dem Gelände ein, wie Szenen zeigten, die live auf der Kurzvideo-Plattform Kuaishou übertragen wurden.

Einige Videos zeigten Beschäftigte, die sich über die ihnen zur Verfügung gestellten Lebensmittel beschwerten, andere sagten, sie hätten die zugesagten Sonderzahlungen nicht erhalten. Reuters konnte die Authentizität der Videos zunächst nicht unabhängig überprüfen. Foxconn reagierte nicht sofort auf eine Anfrage zur Stellungnahme. Das Werk in Zhengzhou ist für 70 Prozent der weltweiten iPhone-Produktion verantwortlich und beschäftigt rund 200.000 Arbeiter. Apple rechnet wegen der Produktionsbeeinträchtigungen bereits mit geringeren iPhone-Auslieferungen.

(Bericht von Reuters-Reportern in Shangai und Peking, Bernard Orr, geschrieben von Patricia Weiß, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)