Berlin (Reuters) - Die Bundesregierung prüft Insidern zufolge Hilfsmaßnahmen für die durch die Energiekostenexplosion unter Druck geratenen Regionalversorger und Stadtwerke.

Diese benötigten Unterstützungen in Höhe einer zweistelligen Milliardensumme, sagte eine mit den Gesprächen vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters. Die Summe könne höher ausfallen als die 29 Milliarden Euro, die für die Rettung des angeschlagenen Energiekonzerns Uniper aufgebracht werden. Die Gespräche zwischen Bund und Ländern befänden sich noch im Anfangsstadium, Entscheidungen gebe es noch nicht.

Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte, mit den Ländern in Kontakt zu stehen, nannte aber keine Details. Einem Insider zufolge geht es um Liquiditätshilfen für den Gaseinkauf. Diese seien dringend nötig, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes Kommunaler Unternehmen (VKU), Ingbert Liebing. "Wir brauchen Liquiditätshilfen für die Stadtwerke, die jetzt zum Zehnfachen der bisher üblichen Preise einkaufen müssen, bevor sie verkaufen können." Das stelle viele Stadtwerke vor gewaltige Schwierigkeiten. "Auch deshalb, weil bei den Banken dann teilweise nicht mehr die Finanzierung möglich ist." Es gehe um einen bis zu mittleren zweistelligen Milliardenbetrag. "Und ob das nun 20, 30 oder 50 Milliarden sind, das ist für mich die zweitrangige Frage."

STÄDTE FORDERN RETTUNGSSCHIRM

"Die Städte fordern vom Bund einen Rettungsschirm für die Stadtwerke", sagt der Präsident des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeister der Stadt Münster, Markus Lewe. Dieser müsse dafür sorgen, dass sie weiterhin am Markt agieren könnten. "Wenn Stadtwerke in existenzielle Schieflage geraten, drohen sehr viele Leistungen der Daseinsvorsorge in den Städten wegzubrechen, wie Wasser, Abwasser, Müllentsorgung und ÖPNV." Deshalb müssten Bund und Länder ein Sicherungsnetz spannen.

VKU-Experte Liebing verweist darauf, dass die Stadtwerke immer häufiger zur Absicherung ihrer Geschäfte hohe Kautionen hinterlegen müssen. "Das bindet alles Liquidität und dafür brauchen wir Unterstützung." Hinzu komme das Risiko von Zahlungsausfällen, wenn Kunden die Rechnungen nicht mehr bezahlen können. Normalerweise lägen die Zahlungsausfälle unter ein Prozent. "Das ist schmerzhaft, aber da geht kein Stadtwerk zugrunde." Aber wenn sich das verzehnfache, es vielleicht zehn Prozent oder sogar noch mehr Zahlungsausfälle gebe, dann sei das Jahresergebnis weg. "Und dafür brauchen wir Kompensationen und auch ein Insolvenz-Antrags-Moratorium." Damit würde der Druck genommen, sofort zum Insolvenzverwalter gehen zu müssen, wenn es Zahlungsschwierigkeiten gebe.

Aus den Ländern kommt Unterstützung. Die Landesregierung nehme die Sorgen der Stadtwerke sehr ernst, erklärt das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Stadtwerke stellten mit 67 Prozent der Gas- und 62 Prozent der Stromerzeugung den Löwenanteil der Versorgung des Landes sicher. Sie müssten handlungsfähig bleiben. "Deshalb prüfen wir mit Hochdruck, wie die erforderliche Liquidität für die vorausschauende Beschaffung der Stadtwerke gesichert werden kann." Dabei strebe die Landesregierung idealerweise eine bundeseinheitliche und faire Lösung an, bei der die Lasten auf alle Schultern verteilt würden. "Hierzu stehen wir im Austausch mit Bund und Ländern."

(Bericht von John O'Donnell, Riham Alkousaa und Tom Sims, bearbeitet von Tom Käckenhoff, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)