(Wiederholung)

Von Stephen Wilmot

DETROIT (Dow Jones)--Für die Autokonzerne aus Detroit, insbesondere für Ford, könnten die Schlagzeilen der nächsten Tage noch unschön werden. Es geht um die vierteljährlichen Verkaufszahlen. Auch wenn diese nicht mehr die gleiche Warnwirkung wie früher haben, machen Anleger vermutlich nichts falsch, wenn sie mit wachsender Vorsicht reagieren.

Der Datenanbieter Edmunds erwartet, dass der Anteil von Ford an den US-Verkäufen von leichten Kraftfahrzeugen im zweiten Quartal nur 10,7 Prozent betragen wird. Mindestens seit den 1960er Jahren lag die Quote nicht mehr so niedrig. Der Mangel an Halbleitern zwang das Unternehmen dazu, die Produktion radikal zu drosseln. Bei den Händlern schrumpften die Lagerbestände. Unglücklicherweise war Ford stärker noch als andere auf den japanischen Chip-Zulieferer Renesas angewiesen, dessen Hauptwerk durch einen Brand im März erheblichen beschädigt wurde.

Besser lief die Produktion bei General Motors, aber dennoch erwartet Edmunds nur noch einen Marktanteil von 15,4 Prozent. Das ist der niedrigste seit Beginn der vierteljährlichen Aufzeichnungen im Jahr 2002. Zum ersten Mal liegt das Unternehmen nun gleichauf mit Toyota. GM präsentiert seine Zahlen am heutigen Donnerstag, gefolgt von Ford am Freitag. Für Chrysler, jetzt im Besitz von Stellantis, ist der Marktanteil in den USA laut Edmunds wahrscheinlich auf das Niveau von 2017 zurückgefallen.

Diesen Verlusten stehen Zugewinne von Marken aus Übersee gegenüber. Der kombinierte Marktanteil der südkoreanischen Schwesterunternehmen Hyundai und Kia könnte im zweiten Quartal zum ersten Mal die Zehn-Prozent-Marke überschreiten. Auch Honda und Volkswagen scheinen auf dem Vormarsch zu sein.

Es gibt eine Fülle unterschiedlicher Gründe für die Ergebnisse der einzelnen Autokonzerne. Der rote Faden, der sich überall durch die Verkaufsbilanzen im zweiten Quartal zieht, scheint jedoch die Verfügbarkeit von Neufahrzeugen zu sein.

Die Pickup-Trucks und großen Sport Utility Vehicles, für die Detroit bekannt ist, waren sehr gefragt. Das führte paradoxerweise zum nächsten Problem, als die Lagerbestände schwanden und die Preise in die Höhe schossen. Möglicherweise haben die Verbraucher daraufhin Modelle der Konkurrenz oder weniger trendige Limousinen nur deshalb wieder in Betracht gezogen, weil diese noch zu einem vernünftigen Preis erhältlich waren.


   Ford und GM mit höherer Prognose 

Diese ungewöhnliche Dynamik ist ein Grund, warum Anleger in letzter Zeit die Marktanteilszahlen weitgehend ignoriert haben. Wenn die Verkaufszahlen mehr über das Angebot als über die Nachfrage aussagen, sind sie ohnehin kein guter Indikator für die Gewinne. Sowohl GM als auch Ford haben in diesem Monat ihre Gewinnprognosen für das zweite Quartal angesichts der höheren Preise, die die Verbraucher für Fahrzeuge zahlen, angehoben. Die Verträge der Autohersteller mit den Händlern verschaffen ihnen einen Anteil an den Gewinnen aus dem Verkauf, auch wenn die Fahrzeuge theoretisch dem Händler gehören. Zudem profitieren die Hersteller auch von den steigenden Preisen für Gebrauchtwagen durch ihre Leasingfirmen.

Anleger haben sich mehr für die Investitionen der Autohersteller in Elektrofahrzeuge und Software interessiert. Trotz der Produktionskürzungen von Ford und der unsicheren kurzfristigen Aussichten ist die Aktie seit Ende März um 23 Prozent gestiegen. Das ist der Lohn für eine Technologie-Strategie, die das Gefallen der Anleger findet. Elektroautos, vor allem von Tesla, machten im Mai zwar nur 2,3 Prozent der US-Verkäufe aus, aber ihr Anteil steigt schnell.

Die aktuellen Statistiken zu den Marktanteilen zu ignorieren, macht nur bis zu einem gewissen Grad Sinn. Das Risiko für die US-Hersteller besteht darin, dass sich einige der jüngsten Zuwächse, die ihre Konkurrenten in diesem Jahr realisiert haben, fortsetzen könnten, wenn die Verbraucher positive Erfahrungen mit deren Fahrzeugen machen.

Nüchtern betrachtet ist das Bild für Detroit momentan alles andere als düster. Für Anleger könnte das ein guter Zeitpunkt sein, einige der schnellen Gewinne, die während der Pandemie gemacht wurden, einzufahren. Insbesondere die Bewertung von GM liegt weit über dem Durchschnitt, wenn man die Jahre nach der Insolvenz heranzieht.

Das letzte Quartal erinnert aber auch daran, dass sich die Dinge ändern können. Die 2010er Jahre waren eine Periode ungewöhnlicher Wettbewerbsstabilität auf dem US-Automarkt. Da aber mehr globale Marken den Bau von Fahrzeugen im amerikanischen Stil beherrschen und Elektroautos günstiger werden, könnten die 2020er Jahre anders sein.

DJG/DJN/rer/kla

(END) Dow Jones Newswires

July 01, 2021 03:58 ET (07:58 GMT)