Von Stephen Wilmot

DETROIT (Dow Jones)--General Motors macht in diesen Tagen offenbar vieles besser als Ford. Das klärt aber noch nicht die Frage, welche Aktie eher ins Depot gehört.

Der Mangel an Halbleiter-Chips ist noch lange nicht vorbei, aber jetzt schon deuten die ersten Schadenseinschätzungen der Unternehmen darauf hin, dass GM mit den jüngsten Problemen weitaus besser zurechtkommt als Ford.

GM meldete am Mittwoch, dass der bereinigte operative Gewinn für das Gesamtjahr voraussichtlich am oberen Ende der Spanne von 10 bis 11 Milliarden US-Dollar liegen wird. In diese Richtung zielte bereits die Prognose von vor drei Monaten. Ford hingegen hat vergangene Woche seine eigene Prognose für den operativen Gewinn nach unten korrigiert mit der Begründung, dass die Produktion im zweiten Quartal nur mit halber Kraft läuft.


   Marktanteile in Bewegung 

Für Ford-Anleger ist dieses Muster auf frustrierende Weise vertraut. Im vergangenen Jahr hatte GM trotz geringerer Umsätze weitaus mehr Gewinn gemacht als sein nächster Konkurrent. Zudem hat die diesjährige Chip-Krise das Potenzial, Marktanteile auf eine Art und Weise zu verschieben, wie es die branchenweiten Stillstände im vergangenen Jahr nicht vermochten. Diejenigen Unternehmen, die dank dynamischeren Prozessen Komponenten oder Produkte dorthin umleiten können, wo sie am meisten gebraucht werden, werden auch in der Lage sein, mehr Fahrzeuge zu verkaufen.

Wann immer in den vergangenen Jahren ein Hindernis vor den Autobauern auftauchte, ist GM daran vorbeigerutscht, während Ford dagegen stieß. Es ist verlockend, wenn auch spekulativ, die Unterschiede bis in die Zeit der Finanzkrise zurückzuverfolgen. Damals schnitt Ford besser ab als seine Detroiter Konkurrenten.

Vielleicht hat das zur Selbstgefälligkeit verleitet, selbst als die Einschläge näherkamen. Man denke nur an die Nahtoderfahrungen, die GM und Chrysler machen mussten. Bei GM mündeten diese in die operative Erneuerung unter Chief Executive Mary Barra. Chrysler führten die Probleme zunächst in die Arme von Fiat und dann unter das Dach der transatlantischen Markenfamilie, die als Stellantis bekannt ist.


   GM hat sich neue Börsen-Reputation gesichert 

Ob Stockpicker jedoch GM weiterhin favorisieren sollten, ist eine andere Frage. Nach einer langen Phase, in der die überdurchschnittliche Performance und der zukunftsweisende Ansatz bei Elektrofahrzeugen unbemerkt oder unbewertet blieben, haben die Anleger die Aktie mittlerweile in ihr Herz geschlossen.

Sie wird aktuell fast mit dem Zehnfachen des voraussichtlichen Gewinns gehandelt. Abgesehen von einer kurzen Periode im vergangenen Frühjahr, ist das der höchste Wert seit dem Börsengang nach dem Konkurs im Jahr 2010. Im Verhältnis zu den prognostizierten Umsätzen ist die Bewertung fast doppelt so hoch wie die von Ford oder Stellantis.

Einige Beobachter mögen zu dem Schluss kommen, dass es sich lohnt, einen Aufschlag für ein bewährtes Krisenmanagement zu zahlen, gerade in einer Zeit, in der die Branche einen riskanten Wandel von Verbrennungsmotoren zu Elektroautos vollzieht.


   Ford mit vielversprechenden Neuheiten 

Wenn es aber um das Potenzial beim Gewinnwachstum geht, hat Ford wahrscheinlich mehr zu bieten. Mit dem neuesten F-150, dem vollelektrischen Mustang Mach-E und dem neuen Bronco schickt das Unternehmen eine vielversprechende Reihe neuer Produkte ins Rennen. Zudem hat der neue CEO Jim Farley die Dringlichkeit, die Probleme des Unternehmens zu lösen, deutlich zum Ausdruck gebracht.

Auch Stellantis ist unter dem Turnaround-Spezialisten Carlos Tavares in bewährten Händen. Das Unternehmen teilte am Mittwoch mit, dass die Produktion im ersten Quartal um etwa 11 Prozent niedriger war als geplant, im Vergleich zu 17 Prozent weniger bei Ford. Nur GM hatte nach eigenen Angaben mehr Fahrzeuge produziert als prognostiziert.

Was Stellantis noch fehlt, ist eine große Technologiestrategie, aber das Unternehmen hat einen "Elektrifizierungstag" Anfang Juli versprochen, um zumindest einige Fragen zu beantworten.

GM ist eine gut geölte Maschine, aber an anderer Stelle in Detroit gibt es mehr Potenzial.

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DJG/DJN/rer/smh

(END) Dow Jones Newswires

May 06, 2021 05:16 ET (09:16 GMT)