Von Jennifer Smith, Paul Berger und Lydia O'Neal

NEW YORK (Dow Jones)--Die Unternehmen stellen sich auf einen weiteren steilen Anstieg der Versand- und Logistikpreise im nächsten Jahr ein, nachdem die Kosten für die Versorgungskette während der Covid-19-Pandemie sprunghaft angestiegen sind. Transport- und Logistikdienstleister wollen die Preise für Verträge im kommenden Jahr kräftig anheben und signalisieren damit, dass der durch die starke Nachfrage und die knappen Kapazitäten auf den Frachtmärkten verursachte Inflationsdruck wahrscheinlich anhalten wird.

Da die fulminante Nachfrage im Seeverkehr nach wie vor die knappen Kapazitäten im gesamten Frachtbereich deutlich überwiegt, haben die Transportfirmen laut Branchenexperten bei der Verhandlung neuer Verträge durchaus Luft nach oben. Führungskräfte aus der Seeschifffahrt gehen davon aus, dass sich die in vielen Jahresverträgen festgelegten Raten im Vergleich zu den Anfang des Jahres getroffenen Vereinbarungen verdoppeln werden. Einige Speditionsunternehmen erwarten für 2022 ein zweistelliges Wachstum der Vertragsraten.


   Kunden der Logistiker sind "geschockt" 

Die Preise sind im gesamten Güterverkehrssektor gestiegen, unter anderem bei der Paketzustellung, dem Lkw-Verkehr, der Seeschifffahrt und der Lagerhaltung. Derweil werden die meisten Frachttransportverträge jährlich ausgehandelt, obwohl die größten Verlader mehrjährige Verträge mit einer Vielzahl von Spediteuren haben. "Ich glaube, die Leute sind im Moment ein wenig geschockt", merkt Todd Bulmash vom Council of Supply Chain Management Professionals an. "Sie bereiten sich auf das Schlimmste vor."

Die Preisgestaltung auf den meisten Güterverkehrs- und Logistikmärkten schwankt im Allgemeinen zwischen weitgehend stabilen langfristigen Vertragsraten und Spotmarktpreisen, die stärker auf Nachfrageveränderungen und die Verfügbarkeit von Kapazitäten reagieren. Die Preise auf den Spotmärkten für Seetransporte, Lkw-Transporte und andere Logistikdienstleistungen sind in diesem Jahr drastisch emporgeschnellt. Nach Angaben von Cass Information Systems, die Frachtzahlungen für Unternehmen abwickelt, sind die Tarife für den inländischen Gütertransport auf Straße und Schiene in den USA in diesem Jahr um etwa 23 Prozent gegenüber 2020 gestiegen.


   Logistiker rechtfertigen hohe Preise mit ausufernden Gehältern 

Ein separater Messwert im Logistics Managers' Index, der die gesamten Logistikpreise, inklusive Transport-, Lager- und Bestandskosten, erfasst, erreichte im November einen Rekordwert, der um 3,4 Prozent gegenüber Oktober und um 14 Prozent zum Vorjahr anzog. Der Index wurde im Jahr 2016 eingeführt. Spediteure und andere Logistikunternehmen weisen auf ihre eigenen höheren Kosten hin, einschließlich ausufernder Gehälter, da sie in einem angespannten Arbeitsmarkt nach Arbeitskräften suchen. "Solange wir eine zugrunde liegende Inflation in der gesamten Wirtschaft haben, wird sich diese Teuerung in den Kosten für Waren und Dienstleistungen widerspiegeln, einschließlich des Lkw-Verkehrs", warnt Geschäftsführer Derek Leathers vom Lkw-Spediteur Werner.

Leathers rechnet mit einem Plus der Vertragstarife im Jahr 2022 im hohen einstelligen bis mittleren zweistelligen Prozentbereich. Doch immerhin stellt er eine Normalisierung in Aussicht, sobald die Transportnachfrage nachlässt und die Unternehmen ihre aufgebrauchten Lagerbestände wieder auffüllen. Er meint jedoch auch: "Das erwarten wir nicht vor 2023. Das gesamte Jahr 2022 betrachten wir als einen Markt mit Kapazitätsengpässen, Inflationsdruck und erheblichen Ausrüstungsstörungen."


   Preissetzungsmacht liegt eindeutig bei den Spediteuren 

Die Preise für den Paketversand, der für Verbraucher am wichtigsten ist, jagen so schnell wie seit fast einem Jahrzehnt nicht mehr Rekordständen hinterher. Grund: Die pandemiebedingte Nachfrage hat die Preissetzungsmacht auf die Spediteure verlagert, die Pakete an Haushalte und Unternehmen liefern. Sowohl der Versandriese Fedex als auch Konkurrent United Parcel Service gaben bekannt, dass die Preise für die meisten Dienstleistungen im nächsten Jahr um durchschnittlich 5,9 Prozent steigen werden. Es ist das erste Mal seit acht Jahren, dass beide Unternehmen jährliche Preiserhöhungen von mehr als 4,9 Prozent einfordern.

Laut Xeneta, einem in Norwegen ansässigen Spezialisten für Transportdaten und Beschaffung, werden die Preise für die Verschiffung von See-Containern im Rahmen von Jahresverträgen wahrscheinlich Rekordwerte erreichen. Xeneta zufolge lag der Spotpreis für die Verschiffung eines 40-Fuß-Containers von Schanghai nach Los Angeles Anfang dieses Monats um 75 Prozent höher als zur gleichen Zeit des Vorjahres. Die Spediteure gehen jetzt in die Vertragsverhandlungen und haben "das Gros der Trümpfe in der Hand", schildert Chefanalyst Peter Sand von Xeneta die Lage.

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December 20, 2021 10:42 ET (15:42 GMT)