In der Debatte über Hassrede und Falschinformationen auf Facebook gerät das Internet-Unternehmen zunehmend in die Defensive.

In einem vom Management selbst in Auftrag gegebenen externen Gutachten erheben Bürgerrechtler schwere Vorwürfe. Sie äußerten in ihrem am Mittwoch vorgelegten Bericht "erhebliche Bedenken" gegen den Umgang mit Veröffentlichungen auf der Internet-Plattform. Die Autoren bemängeln, trotz jahrelanger Kritik sei dort immer noch gefährliche und spalterische Rhetorik möglich. Facebook habe nicht genug getan, um Nutzer vor Diskriminierung, Unwahrheiten und Anstachelung zur Gewalt zu schützen.

Besonders kritisch beurteilen die Prüfer den Umgang mit umstrittenen Beiträgen von US-Präsident Donald Trump, die von Bürgerrechtlern etwa als gewaltverherrlichend eingestuft werden. Anders als der Kurznachrichtendienst Twitter hatte Facebook die Beiträge nicht entfernt. Die Autoren urteilten, damit werde ein "schlimmer Präzedenzfall" geschaffen, "der andere Politiker und Nichtpolitiker veranlassen könnte, falsche Informationen über legale Abstimmungsverfahren zu verbreiten". Dies könne letztlich dazu führen, dass die "Plattform als Waffe zur Unterdrückung von Wahlen" missbraucht werde.

Facebook hatte die Untersuchung 2018 in Reaktion auf wachsende Kritik an der Unternehmenspolitik in Auftrag gegeben. Den nun präsentierten Bericht kommentierte die für das Tagesgeschäft zuständige Managerin Sheryl Sandberg mit den Worten, für die darin diskutierten Probleme könne es "keine raschen Lösungen" geben. Konzernchef Mark Zuckerberg hatte wiederholt erklärt, es sei nicht Facebooks Aufgabe, etwa den Wahrheitsgehalt politischer Werbeanzeigen zu prüfen.

Die anhaltende Kritik am Unternehmen hat inzwischen zu einem Werbeboykott geführt. Auf Initiative von Bürgerrechtsgruppen wollen zahlreiche Firmen für einen Monat keine Anzeigen mehr beim weltgrößten Internet-Netzwerk schalten. Angeschlossen haben sich auch Konzerne wie Volkswagen, Henkel, Starbucks und Coca-Cola. Nach einer Videoschalte mit Zuckerberg und Sandberg äußerten sich Aktivisten zuletzt unzufrieden: Das Unternehmen habe keine konkreten Schritte zugesagt.