ESSEN (dpa-AFX) - Eine gute Nachfrage im Zuge der laufenden Konjunkturerholung stimmt den Spezialchemiekonzern Evonik abermals optimistischer für das laufende Jahr. Das Unternehmen profitiert von der Nachfrage der Auto- und der Bauwirtschaft und guten Geschäften mit Tierfutterzusätzen. Gefragt sind auch Anwendungen für die Kosmetik- und Pharmaindustrie. Seit Ende April produzieren die Essener zudem zwei verschiedene Lipide für den Covid-19-Impfstoff von Biontech und Pfizer.

Die Evonik-Aktien gerieten am Donnerstag dennoch unter die Räder und fielen als einer der größten Verlierer im MDax um gut drei Prozent auf 28,85 Euro. Damit stockt der zuletzt wieder positivere Trend in Richtung des Zweieinhalbjahreshochs bei 31 Euro aus dem April nun wieder.

Laut Analystin Georgina Iwamoto von der US-Investmentbank Goldman Sachs übertraf Evonik zwar die Markterwartungen im abgelaufenen zweiten Quartal, allerdings überzeuge die Entwicklung nur bedingt. So habe vor allem die Sparte Performance Materials rund um Standardprodukte zur positiven Überraschung beigetragen, so Iwamoto.

Gerade in diesem Bereich hatte Evonik aber vor einiger Zeit die Geschäfte gebündelt, für die im Grunde keine Wachstumsinvestitionen mehr geplant sind und die perspektivisch zum Verkauf stehen dürften. Zu diesem Bereich gehört auch das Superabsorber-Geschäft rund um saugstarke Materialien etwa für Windeln. Die Wachstumsbereiche - die Sparten Special Additives, Nutrition & Care und Smart Materials - blieben laut der Goldman-Analystin derweil mit Blick auf die Profitabilität hinter den Erwartungen zurück.

Insgesamt erzielte Evonik im abgelaufenen zweiten Quartal bei einem Umsatzanstieg um 29 Prozent auf 3,6 Milliarden Euro ein operatives Ergebnis von 649 Millionen Euro - das sind 42 Prozent mehr als im von der Corona-Krise gebeutelten Vorjahreszeitraum. Aber auch im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit ging es nach oben: Das Plus zum zweiten Quartal 2019 betrug 15 Prozent. Unter dem Strich blieb im zweiten Jahresviertel mit 218 Millionen Euro fast doppelt so viel hängen wie vor einem Jahr.

Evonik-Chef Christian Kullmann rechnet für 2021 nun mit einem Umsatz von 13 bis 14,5 Milliarden Euro sowie mit einem operativen Ergebnis (bereinigtes Ebitda) in Höhe von 2,3 bis 2,4 Milliarden Euro. Bislang waren Erlöse von bis zu 14 Milliarden Euro sowie ein operativer Gewinn von bestenfalls 2,3 Milliarden Euro in Aussicht gestellt worden.

Kullmann gibt sich zuversichtlich, das obere Ende der neuen Prognosespannen erreichen zu können. Die "positive Dynamik wird sich auch im zweiten Halbjahr fortsetzen", sagte er laut Mitteilung. In noch keinem der Geschäftsbereiche des Konzerns sei der Höhepunkt des aktuellen Aufschwungs erreicht, betonte der Manager zudem in einer Telefonkonferenz mit Analysten.

Analyst Markus Mayer von der Baader Bank bleibt dennoch vorsichtig. So kommt er mit Blick auf die jüngste Gewinnentwicklung zur gleichen Einschätzung wie seine Kollegin von Goldman Sachs. Darüber sieht er weiterhin das Risiko für Aktienplatzierungen durch den Evonik-Mehrheitseigner RAG.

Die für die Finanzierung der sogenannten Ewigkeitslasten des Steinkohlebergbaus zuständige Stiftung hatte bereits im Juni von einer weiteren Reduzierung der Beteiligung von damals noch knapp 59 Prozent gesprochen. Laut Mayer hat sie in den letzten Wochen bereits rund 2 Prozent Evonik-Anteile auf den Markt geworfen. Mehr könnte folgen, vermutet der Baader-Experte./mis/tav/men