Von Telis Demos

NEW YORK (Dow Jones)--Hurrikan Ida ist definitiv ein Versicherungsfall von enormem Ausmaß. Was das für Anleger bedeutet, hat auch viel mit den Zinssätzen zu tun.

Erste Schätzungen zu den versicherten Schäden, die der tropische Wirbelsturm angerichtet hat, liegen im Bereich von 10 bis 25 Milliarden US-Dollar. Damit wäre Ida eine der schlimmsten und teuersten Naturkatastrophen der letzten Jahre in den USA.

Ein großer Teil der Schadenslast im Bundesstaat Louisiana wird wahrscheinlich an den Rückversicherern hängenbleiben. Auf diese haben Erstversicherer von Gebäuden und Fahrzeugen ihre versicherungstechnischen Risiken zum Teil übertragen, um ihre Bilanzen zu schützen.


   Deckungssummen der Erstversicherer wohl schon erreicht 

Je näher die Schäden am oberen Ende der Schätzungen liegen, desto stärker trifft es die Rückversicherer, während sich die Folgen für die Erstversicherer ab einem bestimmten Punkt in Grenzen halten. Die Analysten von Morgan Stanley wiesen bereits darauf hin, dass durch die Naturkatastrophen während der ersten Jahreshälfte 2021 die Deckungssummen der Erstversicherer früher als sonst erreicht sein könnten.

Die Aktien von Rückversicherern wie Everest Re, RenaissanceRe und der Münchener Rückversicherung sind in der vergangenen Woche in Erwartung von Stürmen um mehr als 2 Prozent gefallen, obwohl Finanzwerte insgesamt gestiegen sind.

Die Analysten von Wells Fargo gaben die Schätzung ab, dass ein Schaden von 17,5 Milliarden US-Dollar durch Ida die einstandspflichtigen Rückversicherer mehr als die Einnahmen eines ganzen Quartals kosten würde. Bei den betroffenen Erstversicherern wäre lediglich ein Drittel ihrer Einnahmen aus dem dritten Quartal verloren. Schon jetzt haben sich die Aktien von Rückversicherern 2021 meist schlechter entwickelt als die der anderen Versicherer.

Viele Sach- und Unfallversicherer für den gewerblichen Bereich haben die Covid-19-Krise mit geringeren Verlusten als befürchtet überstanden. Dennoch konnten noch die meisten höhere Tarife durchsetzen. Doch die jüngsten, für Rückversicherer positiven Preistrends geraten laut Brancheninformationen zunehmend unter Druck.


   Mehr Kapazität als Nachfrage durch Katastrophenanleihen 

In einem Bericht von Willis Towers Watson vom Juli hieß es, auf dem Rückversicherungsmarkt gebe es "zunehmend Anzeichen dafür, dass das Kapazitätsangebot die Nachfrage übersteigt". Sorgen wegen stark steigender Kosten hatten dem Bericht zufolge nur begrenzte Auswirkungen auf die jüngsten Verlängerungspreise von Policen.

Das liegt auch am Markt für alternatives Kapital, und dieser boomt gerade. Die Emission von Katastrophenanleihen im zweiten Quartal 2021 übertraf laut Willis die Neuemission des gesamten Jahres 2019. Dieser Markt ist in der Regel stark, wenn die Zinssätze niedrig sind, denn niedrige Zinsen treiben Anleger dazu, nach alternativen Quellen der Rendite zu suchen. Das so entstandene reichliche Angebot an Mitteln hatte sich zuletzt auf die Preise für Rückversicherungen ausgewirkt.

Eine Unwettersaison führte in der Vergangenheit oft zu höheren Preisen bei den Versicherern. Davon können deren Aktien im Laufe der Zeit profitieren. Ein schweres Sturmereignis kann aber auch das Kapital von Anlegern in versicherungsgebundenen Wertpapieren fesseln und diesen Markt dämpfen.


   Suche nach alternativen Renditequellen könnte erhalten bleiben 

Nach Einschätzung der Analysten von Wells Fargo dürften die Schäden durch Ida allein jedoch nicht groß genug sein, um einen wesentlichen Einfluss auf alternatives Kapital oder den Katastrophen-Rückversicherungsmarkt zu haben. Und wenn die US-Notenbank beabsichtigt, die Zinssätze nur schrittweise zu erhöhen, werden die Anleger wahrscheinlich auch nicht so bald aufhören, nach alternativen Renditequellen zu suchen.

Die Argumente für niedrigere Zinsen beruhen zum Teil auf der Erwartung, dass die Inflation nur vorübergehend ist. Das mag der Fall sein, aber für die Versicherer bleibt abzuwarten, welche Folgen ein akuter Schock wie Ida für die Arbeits- und Materialkosten des Wiederaufbaus haben kann. Anleger sollten nach diesem verheerenden Sturm jedenfalls vorsichtig sein.

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DJG/DJN/rer/smh

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August 31, 2021 05:30 ET (09:30 GMT)