Von Ryan Dezember

NEW YORK (Dow Jones)--Der Markt für Holzpellets ist in Aufruhr. So hat der Ukraine-Krieg die Lieferung von Pressholzpellets aus Russland, Weißrussland und der Ukraine an die westeuropäischen Kraftwerke unterbrochen, die diese anstelle von Kohle verbrennen. Dies hat dazu geführt, dass Pellets aus Nordamerika, insbesondere aus dem Süden der USA, einen hohen Preis haben. So kommt das US-Exportvolumen, das in den vergangenen zehn Jahren stetig kletterte, schon jetzt auf einen Wert über dem des Vorjahres, als bereits eine Rekordmenge von mehr als 7,4 Millionen Tonnen Holzpellets aus den USA ins Ausland verkauft wurde.

Der Durchschnittspreis vor Versicherungs- und Transportkosten ist von etwa 140 US-Dollar im vergangenen Jahr auf fast 170 Dollar pro Tonne geklettert.

Die Preise für Spot-Lieferungen, die in einem Geschäft, das hauptsächlich auf langfristigen Lieferverträgen beruht, rar sein können, sind laut Analysten und Pellet-Managern auf fast das Doppelte hochgesprungen.

Der große Gewinner ist das Unternehmen Enviva aus Bethesda, das den Großteil der US-Holzpellet-Exporte abwickelt, und sein größter Aktionär, die New Yorker Energie-Investmentfirma Riverstone, die einen Anteil von 42 Prozent hält. Die Aktien von Enviva haben seit der Zeit vor der Pandemie 114 Prozent an Wert gewonnen, einschließlich Kursveränderungen und Dividenden, was mehr als doppelt so hoch ist wie der Gesamtertrag des S&P 500 von 46 Prozent in diesem Zeitraum.


Abnehmer in Asien und Europa 

Enviva baut jetzt mehrere neue Pelletwerke im Southern Pine Belt mit dem Ziel, die Produktionskapazität in den nächsten fünf Jahren zu verdoppeln. Der Konzern kauft Äste, Rinde, Unterholz, Sägemehl, spindeldürre oder kranke Stämme und andere Holzabfälle von Landbesitzern sowie Sägewerken, um diese Fasern zu Pellets zu verarbeiten, die etwa den Umfang eines Stücks Kreide haben.

Die Produktion des Unternehmens fließt von Häfen entlang des Atlantiks und des nördlichen Golfs von Mexiko zu europäischen Versorgungsunternehmen und durch den Panamakanal nach Asien. Japan ist ein großer Importeur, und Enviva hat im Vorfeld der Umstellung eines großen staatlichen Kohlekraftwerks auf Pellets eine Verkaufsniederlassung in Taiwan eingerichtet.


Neue Kunden in Deutschland 

Zuletzt gab das Unternehmen bekannt, dass es mit neuen Kunden in Deutschland Lieferverträge mit einer Laufzeit von fünf, zehn und 15 Jahren unterzeichnet hat. Ein Kunde wird die Pellets von Enviva zur Erzeugung von Wärme in einem Produktionsprozess einsetzen, ein anderer ersetzt Braunkohle und Erdgas, deren Preise noch stärker zulegten als die der Pellets. Und ein anderer Kunde aus Europa hat sich bereit erklärt, im Gegenzug für eine größere garantierte Menge einen höheren Preis zu zahlen.

Obwohl einige Forscher und Umweltgruppen monieren, dass Holzverbrennung im Hinblick auf Emissionen nicht sauberer sei als Kohle, wird die Verbrennung von Biomasse nach den europäischen Vorschriften auf die Ziele für erneuerbare Energien angerechnet. Die Nachfrage zog bereits an, als Russland in die Ukraine einmarschierte, was zu Einfuhrverboten für den Aggressor sowie seinen Verbündeten Belarus führte und die Lieferungen aus der Ukraine unterbrach.


Pellets waren eigentlich für Kamine und Grills gedacht 

Etwa 3 Millionen Tonnen der jährlichen Lieferungen aus diesen Ländern müssen in Westeuropa ersetzt werden, schätzt Brooks Mendell von Forisk Consulting, das Holzinvestoren berät. In der Zwischenzeit sind die Erdgas- und Kohlepreise in Europa wegen der geringen Lieferungen vor dem Krieg und der Unterbrechungen auf ein Vielfaches der Preise vor der Pandemie hochgeschnellt, was Holzpellets zu einer verlockenden Alternative macht.

Die Technologie, die hinter Holzpellets steckt, geht im Prinzip auf Anzündhilfen für Haushalte zurück, die vor Jahrzehnten entwickelt wurden, um Sägespäne zu nutzen, die sich in den Mühlen anhäufen, so Mendell. Im Inland werden Pellets hauptsächlich säckeweise für Kaminöfen und Grills verkauft. Das Exportgeschäft kam vor etwa einem Jahrzehnt in Schwung, als die Vorschriften in Europa begannen, Biomasse zu fördern.


Neue Anlagen 

Mit finanzieller Unterstützung von Riverstone begann Enviva 2010 mit dem Kauf eines Werks in Mississippi, das Pelletgeschäft zu konsolidieren. Der Konzern schickte Boote voller Pellets den Tennessee-Tombigbee Waterway und die Mobile Bay hinunter. Enviva baut sein bisher größtes Werk entlang dieser Route in Alabama. Mit einer Produktionskapazität von 1,1 Millionen Tonnen pro Jahr wird es das größte der Welt sein.

Das Unternehmen plant, die Anlage in Mississippi zu replizieren, wo die Pellets über den Hafen von Pascagoula transportiert werden sollen. CEO John Keppler will den Standort für eine dritte 1,1-Millionen-Tonnen-Anlage gegen Ende des Jahres bekannt geben und hat nach eigenen Angaben drei weitere auf dem Reißbrett. "Wir neigen dazu, Anlagen dort zu bauen, wo andere aufgehört haben", zeigt sich Keppler selbstbewusst. "Angesichts des langfristigen Rückgangs bei Papier und Zellstoff war das nicht schwer."


US-Forstwirte als große Gewinner 

Laut Rajan Parajuli, Professor für Forstwirtschaft an der North Carolina State University, hat das Pelletgeschäft den Kiefernanbauern im Süden, wo ein Überangebot an reifen Bäumen die Preise für Rundholz gedrückt hat, einen großen Aufschwung gebracht. In einer Studie aus dem Jahr 2021 stellte er fest, dass das Vorhandensein eines Pelletwerks den Wettbewerb und die Preise für Bäume ankurbelt, die für die Herstellung von Schnittholz zu dünn sind.

Es biete den Landbesitzern ein zusätzliches Produkt, das sie verkaufen können, wenn sie ihre Wälder roden. "Aus Sicht der Forstwirte ist das großartig", so Parajuli. "Früher verbrannten sie die Abfälle oder ließen sie verrotten."

Nach Ansicht von Analysten sind Änderungen in der Regierungspolitik eine der größten Bedrohungen für Enviva und andere Unternehmen der Pelletbranche. Der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments hat im Mai dafür gestimmt, die Verbrennung von holzartiger Biomasse nicht mehr zu fördern.


EU-Parlament könnte Rahmenbedingungen ändern 

Die Parlamentarier strichen die Berechtigung für Subventionen als erneuerbare Energien. Außerdem wird die Art und Weise geändert, wie Emissionen aufsummiert werden, aber das gesamte Parlament müsste erst noch zustimmen, um die Regeln zu ändern.

"Vor allem vor dem Hintergrund des Krieges und der daraus resultierenden Erdgasversorgungskrise scheint dies der denkbar schlechteste Zeitpunkt zu sein, um die Bioenergiepolitik zu ändern", schreiben Analysten von Raymond James. "Wir bezweifeln, dass der Ausschuss seinen Willen durchsetzt, zumindest in nächster Zeit."

Keppler von Enviva meint nicht, dass die Nachfrage nach Pellets in Europa angesichts der mangelnden Alternativen bald nachlassen werde. "Früher gab es in Europa eine Strategie zur Umstellung auf Erdgas, weg von der Kohle. Heute ist es nichts als ein Risiko."

Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

DJG/DJN/axw/smh

(END) Dow Jones Newswires

August 10, 2022 10:19 ET (14:19 GMT)