Düsseldorf (Reuters) - Schon vor den Hilferufen des Energiekonzerns Uniper hat die Welle von Preiserhöhungen bei den Gaskunden in Deutschland an Stärke zugenommen.

In den vergangenen Monaten haben den Vergleichsportalen Verivox und Check24 zufolge Hunderte Versorger ihre Preise angezogen. Bei vielen Verbrauchern sei das noch gar nicht angekommen, teilte Verivox am Donnerstag unter Berufung auf eine in Auftrag gegebene Umfrage mit. "Die Heizkosten explodieren, aber bei Verbraucherinnen und Verbrauchern kommen die gestiegenen Gaspreise nur verzögert an." So habe bisher erst jeder dritte Haushalt eine Jahresabrechnung für Gas erhalten. Gut die Hälfte davon habe eine Nachzahlung leisten müssen - im Schnitt 227 Euro. Bei gut jedem dritten Haushalt seien die Abschläge für die kommende Heizsaison bereits erhöht worden und zwar durchschnittlich um 52 Prozent. Im Monat seien dies rund 52 Euro mehr.

"Die Preise an der Gasbörse sind weiter gestiegen", erklärte Check24 auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters. Aktuell koste die Megawattstunde beim Dutch TTF Kontrakt für die Lieferung im August 177 Euro - eine Steigerung um 108 Prozent im Vergleich zu 85 Euro je Megawattstunde Mitte Juni. Die Welle von Preiserhöhungen ebbt nicht ab. Für Juni bis August haben dem Portal zufolge Versorger in 260 Fällen Preiserhöhungen angekündigt oder bereits durchgeführt - im Juli im Schnitt um 50 Prozent. Betroffen seien 2,2 Millionen Haushalte.

Obwohl Gasgrundversorger bereits Ende vergangenen Jahres und im Winter in mehr als 1000 Fällen an der Preisschraube gedreht hätten, seien seit Anfang März in weiteren 460 Fällen Preise erhöht oder Erhöhungen angekündigt worden, teilte Check24 weiter mit. Im Durchschnitt betrügen die Preiserhöhungen 51,9 Prozent. Betroffen seien gut 3,3 Millionen Haushalte. Für einen Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden bedeute dies zusätzliche Kosten von durchschnittlich 952 Euro pro Jahr. Für Portale wie Check24 und Verivox gehört der Anbieterwechsel zum Geschäftsmodell.

Nach dem von der Bundesregierung geplanten Energie-Sicherungsgesetz (Ensig) soll dieses Instrumente zur Rettung von angeschlagenen Gas-Importeuren wie Uniper erhalten. Der Bund könnte mit dem Gesetz in einem zweiten Schritt auch erlauben, dass Versorger die gestiegenen Gas-Einkaufspreise trotz bestehender Verträge schneller an Firmen und Haushalte weitergeben können. Wie sich dies auswirken würde, lasse sich nicht mit Sicherheit sagen, erklärte Check24. In einer Beispielrechnung für einen Haushalt, der seinen Gasvertrag im Juli 2021 abgeschlossen hatte und nun zu aktuellen Marktpreisen neu abschließen müsste, käme es bei einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden zu einer Preissteigerung von 113 Prozent. Die Rechnung würde bei 2752 Euro liegen - ein Plus von 1462 Euro.

(Bericht von Tom Käckenhoff. Redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)