Zu Einzelheiten des Kaufvertrages über das 28,35 Prozent umfassende Paket sei Stillschweigen vereinbart worden, teilten die Stadtwerke und die EnBW am Donnerstag mit. Nach Informationen der liberalen österreichischen Partei Neos liegt der Verkaufspreis bei 870 Millionen Euro. Das hatte zuvor auch die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet. An der Wiener Börse ist das EVN-Paket gut 800 Millionen Euro wert. Die EnBW hatte seit Jahren versucht, ihr EVN-Anteilspaket loszuwerden.

Die Wiener Stadtwerke, die vollständig der Stadt Wien gehören, werden damit zum zweitgrößten EVN-Aktionär nach dem Mehrheitseigentümer, dem Land Niederösterreich, das 51 Prozent hält. Stadtwerke-Chef Martin Krajcsir bezeichnete den Einstieg als "eine attraktive Anlagemöglichkeit durch ein Investment in das grundsolide Geschäft eines österreichischen Unternehmens". Der Klubobmann (Fraktionschef) der Wiener Neos, Christoph Wiederkehr, kritisierte den Kaufpreis dagegen als zu hoch: "Es gab hier eine massive Überbezahlung von zumindest 75 Millionen Euro."

Die EnBW, die 2002 bei der EVN eingestiegen war, äußerte sich zufrieden: "Wir haben die Gelegenheit genutzt, um uns zu wirtschaftlich attraktiven Konditionen aus unserer mittelbaren Beteiligung an der EVN zurückzuziehen", sagte Finanzchef Thomas Kusterer. Der Verkauf passe zu der Strategie, sich stärker auf erneuerbare Energien zu konzentrieren. Der börsennotierte Energiekonzern, der fast vollständig dem Land Baden-Württemberg und zahlreichen Kommunen im Südwesten Deutschlands gehört, hatte seit längerem erfolglos versucht, sein EVN-Paket zu verkaufen. Schon 2010 waren Verkaufsbemühungen gescheitert, weil der EnBW der Preis zu niedrig war. Sie wollte die EVN ursprünglich als Sprungbrett in den Südosten nutzen. Das Unternehmen und das Land Niederösterreich zogen dabei aber nicht mit.

Die Wiener Stadtwerke verbuchten 2018 herbe Einbußen. Operativ rutschten der Konzern mit 15.000 Mitarbeitern mit mehr als 60 Millionen Euro in die Verlustzone, nach einem Gewinn von 79 Millionen im Jahr davor. Der Nettogewinn sank um zwei Drittel auf 28 Millionen Euro. Mit der EVN haben die Wiener Stadtwerke eine gemeinsame Beteiligung im Rahmen der Energieallianz Austria. Daran halten die Stadtwerke-Tochter Wien Energie und die EVN je 45 Prozent. Die Kartellwächter müssen dem Verkauf noch zustimmen.