(Reuters) - Nach monatelangem Ringen hat die EU einen Deckel für den Einkaufspreis von Gas am Großhandelsmarkt beschlossen.

Deutschland hatte sich lange dagegen gewehrt, letztlich einem Kompromiss aber doch zugestimmt. Demnach wird der Preis unter bestimmten Bedingungen auf 180 Euro pro Megawattstunde gedeckelt. Die Bundesregierung hatte wegen der Preis-Begrenzung einen Gas-Mangel in der EU und Verteilungskämpfe befürchtet. Die Bundesverbände der Deutschen Industrie (BDI) und der Energiewirtschaft sehen die Vereinbarung weiter mit Sorge.

Damit sollen europäische Haushalte und Firmen vor extremen Preisen geschützt werden. Ergänzend kommen etwa in Deutschland noch die staatlichen Hilfen dazu. Allerdings liegt der Preis derzeit nur bei rund 100 Euro pro Megawattstunde und damit deutlich unter den vereinbarten 180 Euro. Im Sommer waren es zeitweise jedoch fast 350 Euro gewesen. Preissteigerungen werden nach einem harten Winter befürchtet, wenn die Speicher in Europa wieder gefüllt werden müssen.

WIE FUNKTIONIERT DER DECKEL?

Der Deckel könnte ab 15. Februar greifen, wenn die 180 Euro für einen Title Transfer Facility-Vertrag (TTF) am zentralen niederländischen Markt über drei Tage überschritten werden. Zudem muss er 35 Euro über dem weltweiten Flüssiggas-Preis liegen. Sollte letzterer dann weiter steigen, würde auch der Preis-Deckel in diesem Maß über 180 Euro angehoben, damit Europa weiter für das Gas bieten kann.

Ist der Mechanismus einmal ausgelöst, bleibt er für mindestens 20 Tage in Kraft. Wenn die Preise drei Tage in Folge unter 180 Euro fallen, wird er deaktiviert. Der Deckel gilt an allen Großhandelsplätzen in Europa.

Auf Drängen Deutschlands wurden zudem weitere Klauseln eingeführt: Der Deckel entfällt, wenn der Handel auf andere Märkte als dem TTF ausweicht, der Gas-Verbrauch in der EU stark steigt oder es einen Gas-Mangel in der EU gibt.

Die EU-Kommission wird zudem die Vereinbarungen noch einmal analysieren und kann sie außer Kraft setzen, sollten Nachteile die Vorteile überwiegen.

Das System soll für ein Jahr gelten.

WIE IST DIE HALTUNG DER EU-STAATEN?

Die Staaten waren in der Frage praktisch bis zum Schluss gespalten. Ursprünglich gab es einen Vorschlag für einen Deckel bei 275 Euro. Dieser war vielen Staaten zu hoch. Deutschland, die Niederlande und Österreich wehrten sich dagegen lange gegen jeglichen Deckel. Deutschland stimmte am Ende dem Kompromiss wegen der Klauseln bei einem Gas-Mangel zu, die Niederlande und Österreich enthielten sich. Nur Ungarn lehnte ab.

WAS SAGEN MARKTTEILNEHMER?

Marktteilnehmer wie Börsenplätze hatten vor dem Deckel gewarnt. So könne es sein, dass die TTF-Verträge austrockneten. Zudem gab es Befürchtungen, dass es dann Verträge außerhalb des bisherigen Systems geben könne, bei denen hohe Risiken eingegangen würden, um den Deckel zu umgehen. Das könne die Stabilität des Energie-Handels insgesamt gefährden, erklärte die der Verband der Europäischen Energie-Börsen.

(Zusammengestellt von: Susanna Twidale, Kate Abnett, Gabriela Bacynska und Markus Wacket; redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)