Münster (Reuters) - Erneute Niederlage für Datteln 4: Der Bebauungsplan des umstrittenen Kohlekraftwerks des Energiekonzerns Uniper ist nach einer Entscheidung des nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgerichts in Münster nicht rechtens.

"Der Bebauungsplan der Stadt Datteln ist unwirksam", sagte der Vorsitzende Richter Detlev Klein Altstedde am Donnerstag. Die Wahl des Standortes für das Kraftwerk genüge nicht den einschlägigen gesetzlichen Anforderungen, umfangreiche Alternativen hätten geprüft werden müssen. Eine Revision sei nicht zugelassen. Gegen diese Entscheidung ist eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht möglich. Ein Uniper-Sprecher sagte, der Versorger werde die Urteilsbegründung analysieren und dann über rechtliche Schritte entscheiden. Das Kraftwerk werde aber am Netz bleiben. Die Umweltorganisation BUND, die gegen Datteln 4 geklagt hatte, begrüßte die Entscheidung. "Das ist ein ganz wichtiger Sargnagel für das Projekt Datteln 4", sagte ihr NRW-Geschäftsleiter Dirk Jansen.

In insgesamt drei Normenkontrollverfahren hatten sich die Datteln benachbarte Stadt Waltrop, der Umweltschutzverband BUND NRW sowie vier Privatpersonen gegen den Bebauungsplan der Stadt Datteln gewandt, der das milliardenschwere Kraftwerk planerisch absichern sollte. Datteln 4 ist seit Mitte 2020 in Betrieb und ist damit das einzige Kohle-Kraftwerk in Deutschland, das trotz der Vereinbarung zum Kohleausstieg neu ans Netz ging. Ein großer Teil des Stroms geht an die Deutsche Bahn. Nach der Rettung des Hambacher Forstes vor den Baggern des Energiekonzerns RWE haben Umweltschützer Datteln 4 verstärkt ins Visier genommen.

Das Kraftwerk geht aber nach der Entscheidung des Gerichts nicht vom Netz, denn sie betrifft nicht die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Kraftwerks. Diese will der BUND aber ebenfalls noch vor Gericht kippen, ein Verfahren ist vor einem anderen Senat des OVG in Münster anhängig.

"Das Gericht hat heute nicht über die Stilllegung von Datteln 4 entschieden, sondern über formale Aspekte des Planungsrechts", sagte der Uniper-Sprecher. Uniper gehe weiter von einer Rechtmäßigkeit der für das Kraftwerk erteilten Genehmigung aus, dieses werde weiter betrieben.

Der BUND erwartet indes, dass das Urteil Rechtskraft erlangen werde. Dann müsse die zuständige Bezirksregierung in Münster Datteln 4 die Betriebsgenehmigung entziehen. Die Entscheidung des Gerichts sei auch eine "politische Klatsche" für den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten und Unions-Kanzlerkandidaten Armin Laschet, der sich hinter Datteln 4 gestellt habe.

GEWERKSCHAFT - DATTELN 4 IST MODERN UND HOCHEFFIZIENT

Scharfe Kritik kam vonseiten der Arbeitnehmervertreter. "Das Kraftwerk Datteln 4 ist eines der am umfangreichsten geprüften Infrastrukturvorhaben in der Geschichte der Bundesrepublik", betonte Uniper-Betriebsratschef Harald Seegatz. Trotzdem sei der Bebauungsplan aufgrund eines vermeintlichen formalen Fehlers aufgehoben worden. "Solch langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren sind eine Belastung für die Innovationsfähigkeit unseres Landes und damit für die wirtschaftliche und soziale Sicherheit." Der Chef der Gewerkschaft IG BCE, Michael Vassiliadis, stieß in dasselbe Horn. Datteln 4 erzeuge im Vergleich aller Steinkohlekraftwerke am wenigsten CO2 und sei nach dem Kohlekompromiss genau deshalb prädestiniert für eine lange Laufzeit. "Dass ausgerechnet dieser Standort nun infrage steht, schadet nicht nur der Innovationsfähigkeit des Landes, sondern gefährdet auch Arbeitsplätze."

Der Energiekonzern E.ON, der sein Kraftwerksgeschäft an Uniper abgegeben hatte, hatte den Grundstein für das Kraftwerk bereits 2007 gelegt. 2009 hatte das Oberverwaltungsgericht Münster dann aufgrund von Planungsfehlern den Bebauungsplan schon einmal für ungültig erklärt. Die damalige rot-grüne Landesregierung hatte im Gegenzug die Landesplanung geändert, um den planungsrechtlichen Fehler zu beheben. Im Zuge des Kohleausstiegs in der Bundesrepublik will Uniper Datteln 4 noch bis 2038 betreiben. Der Konzern ist aber zu Gesprächen über einen frühere Stilllegung bereit - wenn zukünftige Bundesregierungen darauf pochen.