ANKARA (dpa-AFX) - Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will bei seinem Besuch in der Türkei einen Beitrag zur Verbesserung der angespannten bilateralen Beziehungen leisten. Zum Auftakt seiner zweitägigen Reise sagte Altmaier am Donnerstag auch mit Blick auf die schwierige Menschenrechtslage in der Türkei: "Wir müssen Probleme lösen, aber auch die wirtschaftliche Zusammenarbeit voranbringen." Er werde die Menschenrechtslage bei seinen Gesprächen mit türkischen Regierungsvertretern deutlich ansprechen, sagte Altmaier während des Fluges in die türkische Hauptstadt Ankara. Die Möglichkeiten, etwas zu erreichen, stiegen aber, wenn man das nicht in aller Öffentlichkeit tue.

Die türkische Regierung greift seit einem Putschversuch von 2016 hart gegen angebliche Staatsfeinde durch. Zehntausende Menschen, darunter Journalisten, Akademiker und Menschenrechtler, hat sie festnehmen lassen und mehr als 140 000 aus dem Staatsdienst entfernt.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte vor dem Besuch gefordert, Altmaier solle sich nicht nur für die in der Türkei inhaftierten deutschen Staatsbürger einsetzen, sondern für alle inhaftierten Menschenrechtler, Journalisten und alle anderen, die aufgrund haltloser Vorwürfe in türkischen Gefängnissen säßen.

Für die Türkei ist der Besuch enorm wichtig: Das Land steckt in einer schweren Währungskrise, die sich zusammen mit einer massiven Inflation auf die gesamte Wirtschaft auswirkt. Die Türkei erhofft sich daher neue Investitionen. Angesichts der Krise sind die ausländischen Direktinvestitionen in der Türkei eingebrochen. Auch deutsche Unternehmen halten sich mit Investitionen zurück. Finanzhilfen für die Türkei stünden aber nicht auf der Tagesordnung, sagte Altmaier. Die hätten die Türken allerdings auch nicht beantragt.

Der Minister wird von einer großen Wirtschaftsdelegation begleitet. Unter anderem sind Vertreter von Eon, Metro, BASF, EWE, Enercon, Steag und Thyssenkrupp Marine Systems dabei. Das größte Problem der Türkei sei derzeit das hohe Handelsdefizit, hieß es unter Mitgliedern der Wirtschaftsdelegation. Das erschwere die Finanzierung wichtiger Projekte - zum Beispiel bei der Infrastruktur oder dem Ausbau der erneuerbaren Energien.

Dabei sei die Türkei mit ihrer jungen und gut ausgebildeten Bevölkerung ein Markt mit großem Potenzial, sagten Unternehmer. Anakara müsse allerdings für stabile und verlässliche Rahmenbedingungen sorgen, betonte etwa Hans-Josef Zimmer, Vorstand des Energieversorgers EnBW: "Wir beobachten die Lage sehr genau." Die Spitzenverbände der Wirtschaft hatten schon vor der Reise mehr Rechtsstaatlichkeit und die Unabhängigkeit der türkischen Notenbank angemahnt.

Auf dem Programm Altmaiers bis Freitagnachmittag stehen Treffen mit Finanzminister Berat Albayrak sowie den Ministern für Handel, Energie und Industrie. Aus dem Ministerium hieß es, dass während der Reise außerdem erstmals die "Joint Economic and Trade Commission" (JETCO) tagen werde. Das Forum soll helfen, die Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit insbesondere in den Bereichen Handel, industrielle Kooperation, Tourismus und Infrastruktur zu verbessern und konkrete Projekte zu entwickeln. Außerdem soll am Freitag die zweite Sitzung des deutsch-türkischen Energieforums stattfinden./hoe/DP/jha