BERLIN (Dow Jones)--In der deutschen Energiebranche steht mit dem Abschied von Eon-Chef Johannes Teyssen zum Quartalsende gleich der zweite Personalwechsel an der Spitze eines DAX-Energiekonzerns an. Doch ganz so üppige Milliarden-Gewinne wie sein ebenfalls scheidender RWE-Kollege Rolf Martin Schmitz wird Teyssen wohl nicht präsentieren können, wenn er am Mittwoch zum letzten Mal die Bilanzpressekonferenz abhält.

Denn die Corona-Krise ging nicht ganz spurlos an Deutschlands größtem Netzbetreiber vorbei. Erst im Sommer hatte das Essener Unternehmen pandemiebedingt seine Prognose für 2020 nach unten gesenkt. Vor allem im ersten Lockdown verdiente Eon im Netzgeschäft weniger, da die Stromnachfrage gerade bei großen Industriekunden zurückging. Die Bilanz retten dürfte allein Innogy: Die neue Unternehmenstochter war erst im Zuge des Milliarden-Tauschdeals mit RWE übernommen worden. Vor allem dank ihr steigerte Eon im dritten Quartal noch Umsatz und Ergebnis.

Darauf werden die Anleger achten:

PROGNOSE: Eon hatte seinen Ausblick für das bereinigte operative Ergebnis (EBIT) im Gesamtjahr erst zum Halbjahr 2020 um 300 Millionen Euro gesenkt. Das bereinigte EBIT soll nun zwischen 3,6 bis 3,8 Milliarden Euro liegen. Marktbeobachter halten das für realistisch: In einem von Vara Research veröffentlichten Konsensus (Stand 4. März) rechnen 23 Analysten mit einem Konzern-EBIT von 3,738 Milliarden Euro - 8 Prozent weniger als im Vorjahr. Erst in diesem Jahr dürfte sich die Kennzahl demnach auf das ursprüngliche Ziel um die 3,9 Milliarden Euro annähern.

Für den bereinigten Konzernüberschuss rechnet Eon mit 1,5 bis 1,7 Milliarden Euro beziehungsweise 0,58 bis 0,65 Euro je Aktie. Die befragten Analysten erwarten im Schnitt 1,587 Milliarden Euro. Die Dividende dürfte um 1 Cent auf 0,47 Euro je Aktie steigen. Das läge allerdings auch nur am unteren Rand der Ambitionen von Eon, die Dividende bis 2022 jährlich um bis zu 5 Prozent erhöhen zu wollen.

STRATEGIE 2021: Mit Spannung werden die Investoren verfolgen, welche Zahlen der nun vollkonsolidierte Konzern für 2021 erwartet. Auch dürfte interessieren, ob und wann Leonhard Birnbaum - ab April neuer Konzernchef - sich zu Wort meldet und mit einer eigenen Strategie aufwartet. Sein Vorgänger, der scheidende Teyssen, hat zwar die Innogy-Übernahme erfolgreich gemanagt, war zuletzt aber dennoch im Aufsichtsrat in die Kritik geraten. Seit Teyssens Antritt 2010 ist der Aktienkurs stetig von rund 14 Euro auf nun rund 8,70 Euro gefallen - Vor-Finanzkrisen-Höhen von über 20 Euro erreichte das Papier ohnehin nie mehr.

ATOM-DEAL: Zusätzliches Geld dürfte in diesem Jahr immerhin der Deal mit der Bundesregierung über den endgültigen Atomausstieg einspielen. 42,5 Millionen Euro erhält die Eon-Atomtochter Preussenelektra vom Steuerzahler dafür, dass keine weiteren Ansprüche gegenüber dem Bund gestellt werden.

FLIRT MIT ÖKO-INVESTOREN: Durch die Innogy-Übernahme ist der Schuldenberg weiter enorm gewachsen. Der DAX-Konzern schiebt nun 42 Milliarden Euro vor sich her. Um trotzdem die nötigen Investitionen in den Netzausbau voranzutreiben, sollen grüne Anleihen am Kapitalmarkt helfen. 2020 hatte Eon bereits Green Bonds von etwa 5 Milliarden Euro begeben, im Januar kamen nochmals 600 Millionen dazu. Das Ziel ist ambitionierter: Künftig sollen mehr als 50 Prozent des jährlichen Finanzierungsbedarfs mit grünen Anleihen gedeckt werden.

Allerdings ist ungewiss, ob Investoren mit Lust auf ESG wirklich massiv auf Eon und ähnliche Netzbetreiber setzen: Die Investmentbank Morgan Stanley vermutete bereits im Dezember, dass derartige Kapitalflüsse wohl bei reinen Ökostromproduzenten landen dürften, wo schon operationell mehr Wachstum möglich sei. Die Erneuerbaren-Erzeugung hatte Eon aber im Zuge des RWE-Deals abgegeben, und seitdem sind rund 80 Prozent des Geschäfts staatlich reguliert. Da ist kaum noch Luft für operatives Wachstum.

WASSERSTOFF: Eon setzt stattdessen wie so viele Unternehmen auf Wasserstoff - und experimentiert etwa mit der Durchleitung des klimafreundlichen Energieträgers durch seine Gasnetze. Beispielsweise will das Unternehmen mit dem Stahlerzeuger Salzgitter AG und dem Anlagenbauer Linde dabei helfen, grünen Wasserstoff mit Strom aus Windenergie zu erzeugen. Ehe sich das in ein Geschäftsmodell entwickelt, dürfte es aber noch Jahre dauern.

Die Eon SE, Düsseldorf, wird am Mittwoch, 24. März 2021, Zahlen vorlegen. Die Aktie des Unternehmens ist im DAX gelistet. Nachfolgend eine Auswertung der Prognosen von Analysten zum Gesamtjahr 2020 und 2021:


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.                               PROG  PROG  PROG 
GESAMTJAHR 2020                 Gj20  ggVj  Zahl    Gj19 
Umsatz                        66.463  +60%    14  41.484 
EBITDA bereinigt               6.869   -1%    23   6.904 
EBIT bereinigt                 3.738   -8%    23   4.065 
Konzernüberschuss bereinigt    1.587   +1%    23   1.573 
Ergebnis je Aktie bereinigt     0,61   -9%    22    0,67 
Dividende je Aktie              0,47   +2%    23    0,46 
 
Kursziel                       10,64          25 
 
.                               PROG  PROG 
GESAMTJAHR 2020                 Gj21  Zahl 
Umsatz                        66.453    14 
EBITDA bereinigt               7.101    22 
EBIT bereinigt                 3.904    22 
Konzernüberschuss bereinigt    1.742    23 
Ergebnis je Aktie bereinigt     0,68    22 
Dividende je Aktie              0,49    23 
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- alle Angaben in Millionen Euro, Ausnahme Ergebnis und Dividende je Aktie sowie Kursziel in Euro

- Bilanzierung nach IFRS

- Quelle Vorjahreszahlen: Angaben des Unternehmens

- Quelle Prognosen: Vara Research, außer Umsatz und Ergebnis je Aktie sowie Kursziel von S&P Global Intelligence

- ggVj = Veränderung in Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum

- das Geschäftsjahr entspricht dem Kalenderjahr

- alle Angaben ohne Gewähr

Kontakt zur Autorin: petra.sorge@wsj.com

DJG/pso/err

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March 24, 2021 00:45 ET (04:45 GMT)