LÜBECK (dpa-AFX) - Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich dafür ausgesprochen, wieder mehr medizinische Schutzausrüstung in Europa zu produzieren. Die Corona-Pandemie habe gezeigt, wie störungsanfällig internationale Lieferketten sein könnten, sagte Steinmeier am Donnerstag bei einem Besuch beim Medizintechnikhersteller Dräger in Lübeck. Deutschland könne sich glücklich schätzen, einen Medizintechnikhersteller von Weltruf im eigenen Land zu haben, der auch schnell auf die Pandemie regiert habe, sagte der Bundespräsident.

Zuvor hatten sich Steinmeier und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) in Gesprächen mit der Unternehmensleitung und Mitarbeitern über die Herausforderungen der Pandemie für Produktion und Mitarbeiter informiert. "Wir haben innerhalb von 100 Tagen ein Beatmungsgerät für Covid-19-Patienten entwickelt, das mit weniger Bauteilen und weniger Infrastruktur am Einsatzort auskommt, als ein herkömmliches Intensiv-Beatmungsgerät", sagte der Leiter des Bereiches Technologie und Innovation, Karsten Hiltawsky. In Serie gefertigt werde das Gerät allerdings noch nicht. Mehrere europäische Länder hätten signalisiert, dass wegen sinkender Fallzahlen momentan kein Bedarf bestehe, sagte Hiltawsky. "Doch wenn die Zahlen wieder steigen, können wir kurzfristig mit der Produktion beginnen", sagte er.

Sehr interessiert zeigte sich Steinmeier bei seinem ersten offiziellen Termin außerhalb Berlins nach der Lockerung des Lockdowns auch an der Arbeitssituation der Mitarbeiter. Die seien oft schneller gewesen als Betriebsrat und Geschäftsleitung und hätten von sich aus vorgeschlagen, an Feiertagen wie Karfreitag zu arbeiten, sagte ein Mitglied des Betriebsrats.

Dräger hatte seine Produktionskapazitäten am Stammsitz Lübeck erheblich ausgeweitet, nachdem das Unternehmen im März einen Großauftrag der Bundesregierung über 10 000 Beatmungsgeräte erhalten hatte. Seit März hat das Unternehmen nach Angaben einer Sprecherin in Lübeck rund 300 zusätzliche Mitarbeiter befristet eingestellt. Weltweit beschäftigt der Konzern knapp 15 000 Mitarbeiter, davon rund 5000 in Lübeck.

Außerdem wird Dräger von September an im Auftrag des US-Gesundheitsministeriums mehrere Millionen Schutzmasken herstellen und dafür an der Ostküste der USA eine eigene Fabrik errichten. Im Juni hatte das Unternehmen angekündigt, seine Produktionskapazitäten für leichten Atemschutz in Deutschland und Schweden auszuweiten. Außerdem soll in Frankreich eine komplett neue Fabrik für Atemschutzmasken entstehen. Bislang produziert Dräger diese Masken nur an seinen Standorten in Schweden und Südafrika./ems/DP/men