BERLIN (dpa-AFX) - Der Immobilienkonzern Deutsche Wohnen bekommt die Corona-Pandemie weiterhin kaum zu spüren. "Weder auf der Wohn- noch auf der gewerblichen Seite haben wir bislang signifikante Mietausfälle", sagte Unternehmenschef Michael Zahn am Freitag bei der Online-Hauptversammlung in Berlin. Bislang hätten sich insgesamt etwa 1400 besorgte Mieter bei der Deutsche Wohnen gemeldet. Das Unternehmen vermietet bundesweit mehr als 161 000 Wohnungen.

Die Aktien des Berliner Immobilienkonzerns waren aber vor allem wegen des Aufstiegs in den Dax gefragt und legten zuletzt um rund 1,5 Prozent zu. Allerdings kommt der Plätzetausch mit der Lufthansa, die nach ihrem Kurseinbruch in der Corona-Krise nach über 30-jähriger Zugehörigkeit den deutschen Leitindex verlassen muss, nicht überraschend. Im Dax wird das Papier des Immobilienkonzerns ab dem 22. Juni gehandelt.

Mit Blick auf mögliche Mietausfälle ist es für eine Bilanz noch zu früh, sagte Zahn. Das Management des Unternehmens könne noch nicht abschätzen, wie sich die wirtschaftliche Situation der Mieter in absehbarer Zeit entwickeln werde. Es zeichne sich aber schon jetzt ab, dass dies wirtschaftlich zu bewältigen und der Fonds mit ausreichend finanziellen Mitteln ausgestattet sei. Deutsche Wohnen hatte einen Hilfsfonds in Höhe von 30 Millionen Euro aufgesetzt, mit dem das Unternehmen eigene Mieter im Rahmen der Corona-Krise in Härtefällen schnell finanziell helfen will.

Der Fonds soll wie bereits bekannt mit einem Teil des Gewinns vom vergangenen Jahr finanziert werden. "Dadurch ergibt sich eine einmalige Reduktion der Ausschüttungsquote um 5 Prozent auf rund 60 Prozent", erläuterte Zahn. Dennoch liege die Dividende damit über dem Vorjahreswert. Das Management will sie für 2019 von 87 auf 90 Cent je Aktie erhöhen.

Durch die Aufnahme in den Dax sieht sich der Immobilienkonzern in seiner Strategie bestätigt. Das Unternehmen behalte für künftiges Wachstum die boomenden Metropolregionen im Blick, sagte Zahn. Der Sprung in den Dax bedeute auch große Verantwortung. "Wir übernehmen Verantwortung für Mitarbeiter, Mieter und selbstverständlich unsere Aktionäre."

Das Gewinnziel für das laufende Jahr bestätigte Finanzchef Philip Grosse. Im laufenden Jahr erwartet der Konkurrent von Vonovia, LEG Immobilien und TAG Immobilien aufgrund des erst kürzlich in Kraft getretenen Mietendeckels in Berlin weiterhin einen operativen Gewinn etwa auf dem Niveau des Vorjahres.

2019 legte der operative Gewinn (Funds from Operations 1, kurz FFO1) vor allem dank gestiegener Mieten im Jahresvergleich noch um knapp 12 Prozent auf 538 Millionen Euro zu. Im ersten Quartal ging dieses Ergebnis allerdings aufgrund geringerer Erlöse durch verkaufte Wohnungen und gleichzeitig höheren Verwaltungskosten um rund vier Prozent auf knapp 141 Millionen Euro zurück.

Angesichts steigender Mieten steht die Deutsche Wohnen vor allem in Berlin in der Kritik. Dort ist sie mit 116 000 Wohnungen der größte private Vermieter. Mietervertreter fürchten, dass der Druck auf Mieter zunimmt, wenn der Konzern in den Dax aufsteigt. Erst jüngst trat in der Bundeshauptstadt ein Gesetz für einen Mietendeckel in Kraft. Wegen des neuen Gesetzes muss Deutsche Wohnen im November Tausende Mieten in der Hauptstadt senken. Nach dem Gesetz sind dann Bestandsmieten zu reduzieren, die mehr als 20 Prozent über der zulässigen Obergrenze liegen. "Hiervon sind circa 30 Prozent unserer Berliner Mietverhältnisse betroffen", sagte Vorstandsmitglied Lars Urbansky.

Das Unternehmen rechnet in diesem Jahr mit Mietausfällen von neun Millionen Euro durch das Gesetz, im nächsten Jahr sind es 30 Millionen Euro. Bundesweit hatte der Konzern im vergangenen Jahr Mieteinnahmen in Höhe von 862 Millionen Euro. Eine Abkehr von ihrem wichtigsten Markt Berlin plant die Deutsche Wohnen nicht. "Wir werden hier auch in Zukunft weiterhin ein starkes Standbein haben", sagte Vorstandschef Zahn. So will Deutsche Wohnen 23 Gebäude mit rund 400 Wohnungen und rund 40 Gewerbeeinheiten in Berlin, Potsdam und Dresden kaufen, wie ein Sprecher bestätigte. Davon liegen 21 Häuser in Berlin, je ein weiteres in Potsdam und Dresden.

Bei Neubauprojekten stehen aber auch süddeutsche Städte wie München und Stuttgart im Blick. Deutsche Wohnen hat sich deshalb erst jüngst mit dem Münchener Projektentwickler Isaria Wohnbau, einer Beteiligungsfirma des Finanzinvestors Lone Star, auf den Erwerb einer Plattform für Projektentwicklungen sowie wesentlicher Immobilienprojekte geeinigt. Der Abschluss des Kaufs soll in diesem Jahr erfolgen./mne/eas/jha/