BONN (dpa-AFX) - Die Deutsche Post ist trotz der Corona-Pandemie im zweiten Quartal weiter gewachsen und hat die Erwartungen der Analysten sogar übertroffen. Der Konzern profitiere jetzt von seinem breiten Portfolio als auch von seiner globalen Präsenz, teilten die Bonner am Mittwoch mit. Dabei habe sich vor allem der Bereich Online-Handel zwischen April und Ende Juni stark entwickelt. Die Anleger haben die Zahlen überzeugt: Der Kurs der Aktie legte am Vormittag um mehr als 2 Prozent zu und stieg auf mehr als 36 Euro.

Der Umsatz stieg laut Unternehmensangaben konzernweit im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund drei Prozent auf knapp 16 Milliarden Euro. Der auf die Aktionäre entfallende Gewinn lag bei 525 Millionen Euro nach 458 Millionen im Vorjahr. In beiden Fällen hatten Analysten weniger erwartet. Eine neue Prognose und Eckdaten hatte der Konzern bereits im Juli veröffentlicht. Dabei hat der Konzern beim Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) die vorläufigen Zahlen leicht übertroffen. Der operative Gewinn stieg um fast 19 Prozent auf 912 Millionen Euro.

Das Management ist sehr zufrieden: "In der Krise zeigt sich mehr denn je die Resilienz von Deutsche Post DHL Group", kommentierte Post-Chef Frank Appel am Mittwoch. Die Geschäftsentwicklung im zweiten Quartal habe die Stärken des Konzerns erneut unter Beweis gestellt: Alle fünf Divisionen des Konzerns waren trotz des pandemiebedingt herausfordernden Umfelds profitabel.

Analysten lobten die finalen Zahlen als etwas besser als erwartet, vor allem was den erzielten Umsatz betrifft. Daniel Roeska von Bernstein Research betonte in einem ersten Kommentar, die Resultate demonstrierten, dass die Deutsche Post die Krise gut verkraftet und verwies auf die überraschend starken Volumina im Brief-Geschäft und auf die starke Erholung in der Sparte DHL Express mit zeitgenauen internationalen Sendungen (TDI) im Monat Juni.

Das Paketgeschäft verzeichnete seit Beginn des Lockdowns starke Wachstumsraten. Mit der Schließung des Einzelhandels begann der Online-Handel zu boomen, im April lag das Sendungsaufkommen plötzlich auf dem Niveau der Vorweihnachtszeit. Jetzt sei das Wachstum immer noch höher als das, was die Post eigentlich erwartet habe, erklärte Finanz-Chefin Melanie Kreis in einer Telefonkonferenz am Mittwoch, aber es sei nicht mehr so herausfordernd wie gerade zu Beginn des Lockdowns. Als Folge der Wachstumsraten konnte die Sparte Post & Paket Deutschland ihren operativen Gewinn im zweiten Quartal um 50 Prozent steigern.

Etwas verhaltender lief es in der Sparte Supply Chain. Die Lieferkettenlogistik ist die einzige Sparte, bei der das operative Ergebnis im zweiten Quartal nicht gestiegen ist. Der Umsatz ging zurück, weil der Bonner Logistikkrise "sehr abhängig von einzelnen Kundenaktivitäten sei", so Kreis. Das liegt daran, dass Transport- und Lagerlösungen dezidiert für Kunden entwickelt und betrieben werden. Und einige Kunden, beispielsweise aus der Automobilbranche, hätten die Pandemie doch sehr deutlich zu spüren bekommen.

Die Frachtsparte hatte zwischen April und Ende Juni vor allem mit stark steigenden Frachtpreisen zu kämpfen. Das sei der Bereich, der am meisten verzerrt wurde durch die Pandemie, erklärte Kreis am Mittwoch. Denn durch den Lockdown und dadurch dass Flugzeuge am Boden blieben, brach auf einmal die Hälfte der Frachtkapazitäten weg. Die meiste Fracht werde schließlich im Bauch von Passagierflugzeugen transportiert. Die Post reagierte und stellte eigene Kapazitäten aus dem Express-Geschäft zur Verfügung, zusätzlich charterte sie Maschinen für das Frachtgeschäft. Allerdings waren die Preisaufschläge enorm, so Kreis: Eine Maschine, die normalerweise für 400 000 Euro zu haben sei, habe auf einmal vier Mal so viel gekostet. Dennoch konnten die Bonner auch in der Frachtsparte bei Umsatz und operativem Gewinn im Vergleich zum Vorjahr zulegen.

Einen neuen Ausblick hatte der Konzern bereits mit den vorläufigen Eckdaten im Juli bekannt gegeben. Demnach erwartet das Management jetzt einen operativen Gewinn für 2020 zwischen 3,5 und 3,8 Milliarden Euro. Miteingerechnet seien dabei auch 700 Millionen Euro an Sonderkosten. Diese resultierten aus Kosten für die Streetscooter-Neuausrichtung, aus einer Sonderzahlung an die Mitarbeiter im Rahmen der Pandemie sowie einer einmaligen Sonderabschreibungen durch die Lockdown-Maßnahmen. Der größte Teil entfällt allerdings mit 400 Millionen auf den Streetscooter.

Bei seiner langfristigen Prognose geht der Logistikkonzern von drei unterschiedlichen Szenarien aus, je nachdem wie schnell sich die Wirtschaft nach der Corona-Krise erholen wird. Je nachdem rechnet der Konzern im Jahr 2022 mit einem operativen Ergebnis von 4,7 oder 5,1 oder 5,3 Milliarden Euro./knd/jsl/stk