BONN (awp international) - Zumindest für den Moment können die Aktionäre der Deutschen Post nach turbulenten Wochen einmal durchatmen: Der Konzerngewinn fiel 2019 höher aus als im Vorjahr, und die Aktionäre sollen eine höhere Dividende erhalten als erwartet. Doch die Aussichten für 2020 bleiben wegen der Corona-Krise höchst unsicher. Die Folgen des Virus für den Gewinn der Post in diesem Jahr wagte die Führung des Dax-Konzerns am Dienstag noch nicht zu beziffern.

Immerhin 2019 ging es für die Post aufwärts. Nun will der Konzern seinen Anteilseignern 1,25 Euro je Aktie zahlen und damit 10 Cent mehr als ein Jahr zuvor. Das Konzernergebnis stieg im vergangenen Jahr um gut 26 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro, lag damit jedoch leicht unter den durchschnittlichen Erwartungen von Analysten. Die Dividende fällt hingegen höher aus als erwartet.

Die Nachrichten gaben der Aktie etwas Auftrieb, nachdem sie seit der Zuspitzung der Coronavirus-Lage in Italien fast 30 Prozent verloren hatte. Am Morgen legte der Aktienkurs um mehr als sieben Prozent zu. Am Vortag war er im Zuge des Crashs an den Börsen um fast neun Prozent in die Knie gegangen.

Die Ergebnisse böten Anlass zu leichtem Optimismus, schrieb Analyst Daniel Roeska vom US-Analysehaus Bernstein Research. Sein Kollege David Kerstens vom Analysehaus Jefferies erkannte eine Erholung im Brief- und Paketgeschäft. Neu seien der höhere Dividendenvorschlag und der erhöhte Ausblick für den freien Barmittelzufluss (Free Cashflow), der aber den Erwartungen entspreche.

Während das abgelaufene Jahr Anlass zur Hoffnung gab, sieht der Blick in die Zukunft weniger rosig aus: Das neuartige Coronavirus belastet das Geschäft des Konzerns, weshalb das Management bereits Ende Februar praktisch sein Ziel kassiert hatte, im laufenden Jahr einen operativen Gewinn (Ebit) von mindestens 5 Milliarden Euro zu erzielen. Dazu verursacht das überraschende Aus für den Streetscooter in diesem Jahr zusätzliche Kosten in Höhe von 300 bis 400 Millionen Euro.

Das Coronavirus wirke sich vor allem auf die beiden DHL-Sparten Fracht und Express aus, die zusammen rund 50 Prozent des Umsatzes ausmachen. Die Segmente Post & Paket Deutschland, Lieferkettenlogistik und E-Commerce seien nur marginal betroffen. Die Folgen der Krankheit seien derzeit schwer abzuschätzen.

Für Februar hatte Post-Chef Frank-Appel zunächst einen Abschlag beim Ebit von 60 bis 70 Millionen angesetzt. Der Monat sei nun aber doch etwas besser gelaufen als erwartet, sagte er nun dem Fernsehsender der Zeitung "Die Welt". In China habe sich die Situation etwas entspannt, aber es werde sicher auch in Europa noch mal einen Rückschritt geben, schätzt Appel. Wie stark sich die Krise auf das Ergebnis der Post auswirke, lasse sich erst abschätzen, wenn sich die Situation wieder normalisiere, heisst es im Geschäftsbericht.

Was das Paketaufkommen angeht, trübt sich der Blick etwas trotz steigender Volumen: Weil der Online-Händler Amazon selbst zunehmend Pakete abfertigt, erwartet die Post künftig ein etwas schwächeres Wachstum. Das habe sich bereits in den letzten halben Jahr gezeigt.

Während die Post ihr Gewinnziel für 2020 nur noch mit der Einschränkung aufrecht erhält, dass man die Folgen des Coronavirus und die Kosten für die Einstellung des Elektrolieferwagens Streetscooter herausrechnet, hält der Vorstand an seinem Ziel für 2022 fest. Bis dahin soll das Ebit weiterhin auf mindestens 5,3 Milliarden Euro steigen. Zudem hoben die Bonner nun ihre Prognose für den freien Barmittelzufluss an. So soll der kumulierte Free Cashflow von 2020 bis 2022 auf 5 bis 6 Milliarden Euro steigen. Bisher hatte das Management 4,5 bis 5,5 Milliarden Euro angepeilt.

Der Umsatz stieg 2019 - wie bereits bekannt - um knapp drei Prozent auf 63,3 Milliarden Euro. Der operative Gewinn legte nach einem Einbruch im Vorjahr um fast 31 Prozent auf gut 4,1 Milliarden Euro zu. Trotz eines schwierigen wirtschaftlichen Umfelds mit Brexit und Handelsstreit sei es gelungen, in allen Sparten zu wachsen, erklärte Post-Chef Appel. Der Konzern sei wegen seiner "breiten geographischen Aufstellung" und seinem "umfangreichen Portfolio" widerstandsfähiger als andere Unternehmen aufgestellt. Konkurrent Fedex hatte die wirtschaftliche Lage weniger gut verdaut und im Laufe des Jahres seine Prognose mehrfach gesenkt./knd/mne/stw