FRANKFURT (dpa-AFX) - Bei der Lufthansa gibt es inmitten der Corona-Pandemie Streit um die Abfindungsangebote für Flugbegleiter. Die Offerten zum freiwilligen Ausscheiden würden den Beschäftigten unter hohem Zeitdruck und ohne ausreichende Beratungsangebote übermittelt, kritisierte der Geschäftsführer der Kabinengewerkschaft Ufo, Nicoley Baublies, am Mittwoch in Frankfurt.

Zudem seien die angebotenen Abfindungen zu niedrig, weil das Personal gleichzeitig bereits erhebliche Sparbeiträge in der Corona-Krise leiste. Für das Bodenpersonal fehlten entsprechende Angebote trotz hohem Zeitdrucks noch ganz, kritisierte die Gewerkschaft Verdi.

Die Flugbegleiter unter 55 Jahren sollen laut Ufo das 0,75-fache Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr erhalten. Die Verträge sind mit den Personalvertretungen ausgehandelt worden. "Wir hätten das Doppelte erwartet", sagte Baublies. Nach 20 Jahren würde ein Beschäftigter mit einem Gehalt von 5000 Euro nach diesem Modell eine Abfindung von 75 000 Euro erhalten.

Einem Lufthansa-Sprecher zufolge bewegt sich der Abfindungsfaktor zwischen 0,75 und 1 Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. Das liege durchaus im Rahmen von aktuellen Programmen bei anderen Unternehmen.

Die über 55 Jahre alten Flugbegleiter müssen laut Baublies entscheiden, ob sie mit Abschlägen frühzeitig in den Vorruhestand gehen. Zur Abfederung sollten auch Mittel aus einem aufgelösten Mitarbeiter-Fonds verwendet werden, über den man sich aber auch noch nicht einig sei. Der Gewerkschafter kritisierte den hohen Zeitdruck, der seitens des Unternehmens aufgebaut werde. "Die Leute sollen innerhalb von vier Wochen entscheiden, ob sie zum November gehen." Gleichzeitig seien die internen Rentenberater in Kurzarbeit geschickt worden. Nach seiner Einschätzung würden von den rund 2800 Kandidaten keine 100 das Angebot annehmen, sagte Baublies.

"Selbstverständlich stehen unsere Experten den Mitarbeitern für Fragen zur Verfügung", entgegnete der Unternehmenssprecher. Es seien bereits mehrere hundert individuelle Angebote erstellt worden. Zur Beteiligung könne man noch keine Aussagen treffen, da beide Abfindungsprogramme noch liefen.

Wie andere Fluggesellschaften auch ist der Lufthansa-Konzern in der Corona-Krise wegen des stark reduzierten Flugangebots geschäftlich abgestürzt. Das Unternehmen musste vom Staat vor der Pleite gerettet werden und hat deutlich zu viel Personal an Bord für eine langfristig verringerte Nachfrage. Nach jüngsten Angaben sollen weltweit rund 27 000 von 128 000 Stellen wegfallen, bevorzugt über Teilzeit und freiwillige Abgänge, aber auch über betriebsbedingte Kündigungen./ceb/DP/stw