Befristet angestellte Hilfskräfte aus dem Ausland sollen kurzfristig an den Flughäfen einspringen können und etwa bei der Gepäckabfertigung und beim Check-in aushelfen, sagten Bundesverkehrsminister Volker Wissing, Arbeitsminister Hubertus Heil und Innenministerin Nancy Faeser am Mittwoch in Berlin. Sie bekräftigten, dass es schnelle Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse geben solle, aber keine Abstriche bei der Sicherheit. Zudem müssten die Hilfskräfte - vor allem aus der Türkei - nach Tariflohn bezahlt werden. "Sie werden nicht im Sicherheitsbereich eingesetzt", machte Faeser klar. Zudem müssten alle die übliche Sicherheitsprüfung unterlaufen. Die SPD-Politikerin sagte zudem, gegebenenfalls könne auch die Bundespolizei bei den Sicherheitskontrollen der Fluggäste unterstützen.

Die Regierung will bei der Bürokratie Tempo machen. "Wir beschleunigen die Verfahren, dass sie kommen können", sagte Heil. Die Hilfskräfte müssten bei den Firmen und vor allem bei den Bodendienstleistern direkt zu Tariflöhnen angestellt werden. Die von der Branche erbetene Leiharbeit werde es nicht geben. Zudem sollten die Arbeitskräfte "menschenwürdig untergebracht und nicht in irgendwelche Hütten gepackt werden". Die Regierung werde kein Sozialdumping zulassen. Der Flughafenverband ADV dankte der Regierung, "dass sie schnell und unbürokratisch den Weg freigeräumt hat, um die dringend benötigten Arbeitskräfte in unser Land zu holen". Der ADV rechnet mit einer Befristung von drei Monaten.

Einen genauen Termin, ab wann die Arbeitskräfte eingesetzt werden können, nannten die Minister nicht. Die Branche hofft auf 1500 bis 2000 Personen aus der Türkei und Balkanländern. Viele dürften erst im August kommen - und damit für das Feriengeschäft vieler Flughäfen schon zu spät, sagte Thomas Richter, der Chef des Arbeitgeberverbands der Bodenabfertigungsdienstleister im Luftverkehr (ABL), jüngst im Reuters-Interview. "Es löst nicht das Problem, aber es hilft mit Sicherheit."

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch warf der Ampel-Koalition vor, zu spät reagiert zu haben. "Urlauber werden in diesem Sommer das Reisechaos an den Flughäfen ausbaden müssen", sagte er der "Rheinischen Post".

REGIERUNG - WIRTSCHAFT MUSS FACHKRÄFTEMANGEL SELBST LÖSEN

Alle drei Regierungsvertreter schoben den schwarzen Peter für die Personalengpässe der Branche zu. "Letztlich ist es ein privatwirtschaftliches Problem, das nur durch die Unternehmen gelöst werden kann", sagte FDP-Politiker Wissing. Die Firmen hätten in der Pandemie viele Jobs abgebaut. "Es ist keine Dauerlösung", betonte Heil. "Es geht nicht, dass Unternehmen Probleme schaffen und dem Staat das sozusagen vor die Tür gekippt wird." Die Branche müsse ihr Personalproblem selbst lösen. Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit plädiert für bessere Arbeitsbedingungen, um Jobs attraktiver zu machen.

Der Engpass bei Airlines und Bodendienstleistern sorgt für Warteschlangen, Verspätungen und Flugstreichungen europaweit. Allein die Lufthansa nimmt für den Sommer rund 3000 Verbindungen aus dem Flugplan. Airline-Chef Carsten Spohr entschuldigte sich bei den Passagieren und räumte ein, dass man nach der Pandemie-Krise beim Sparen "an der ein oder anderen Stelle übertrieben" habe.

Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) begrüßte die Hilfe der Regierung. Man habe angeboten, dass bei der staatlichen Sicherheitskontrolle an den Flughäfen auch Personal der Flughafenbetreiber zum Einsatz kommen könne. Der Chef der Bundespolizeigewerkschaft, Heiko Teggatz, hält eine "halbstaatliche" Luftsicherheitsgesellschaft beim Bund unter Beteiligung der Länder für nötig, die nur für Personal zuständig sei. "Wenn den Beschäftigten in den Sicherheitsbereichen auf den Flughäfen ein krisenfester und gut bezahlter Arbeitsplatz angeboten würde, hätte wir solche Probleme langfristig nicht mehr", sagte Teggatz dem "Handelsblatt". Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) machte das "Sparmantra" der Branche für die Lage verantwortlich. Notfalls müsse der Staat mehr tun, "wenn der Markt hier wieder mal versagt", sagte VZBV-Mobilitätsexpertin Marion Jungbluth der Zeitung.

(Bericht von Klaus Lauer und Maria Sheahan; redigiert von Ralf Banser - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)