FRANKFURT (awp international) - Der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport rechnet trotz der Engpässe im Passagierverkehr für 2022 mit mehr Fluggästen als bislang. Statt 39 bis 46 Millionen würden in Frankfurt in diesem Jahr 45 bis 50 Millionen Passagiere erwartet, teilte das Unternehmen am Dienstag in Frankfurt mit. Das Rekordniveau von mehr als 70 Millionen Fluggästen aus dem Vor-Corona-Jahr 2019 ist damit aber immer noch ein ganzes Stück entfernt. Unterdessen schrieb Fraport sein verbliebenes Engagement am russischen Flughafen in St. Petersburg auf null ab. Dadurch könnte der Überschuss in diesem Jahr auf null zusammenschmelzen.

An der Börse wurden die Nachrichten positiv aufgenommen. Die Fraport-Aktie gewann am Vormittag mehr als viereinhalb Prozent auf 49 Euro und war klarer Spitzenreiter im MDax , dem Index der mittelgrossen Werte. Damit wurde das Papier noch 17 Prozent billiger gehandelt als zum Jahreswechsel.

Im Juni hatte der Frankfurter Flughafen erstmals seit Beginn der Pandemie wieder die Schwelle von 5 Millionen Passagieren überschritten und damit mehr als 75 Prozent des Vorkrisenniveaus erreicht. Die dabei aufgetretenen Mängel bei der Abfertigung führten jedoch zu langen Wartezeiten, Gepäckverlusten und Flugausfällen. "Diese sehr dynamische Erholung fordert uns operativ extrem viel ab und führt immer wieder zu nicht befriedigenden Unpünktlichkeiten", erklärte Fraport-Chef Stefan Schulte dazu. Man sei noch weit von den eigenen Qualitätsanforderungen entfernt.

Die ergriffenen Massnahmen hätten aber gewirkt und zu einem "im Grossen und Ganzen" stabilen und geregelten Betrieb geführt, sagte Schulte. Im Juli drückte neben den planmässigen Flugstreichungen auch der eintägige Verdi-Warnstreik des Lufthansa -Bodenpersonals auf die Passagierzahlen, so dass nach vorläufigen Angaben nur 72,5 Prozent des Vorkrisenwertes erreicht wurden.

Bei der Fracht registrierte Fraport für Frankfurt im ersten Halbjahr einen Rückgang um 11,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Hier wirken sich der gesperrte Luftraum über Russland sowie die Null-Covid-Strategie in China negativ aus.

Zwei Sondereffekte beeinflussen nun die Gewinnerwartungen. So soll der operative Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) dank des Verkaufs der Anteile am chinesischen Flughafen Xi'an jetzt 850 bis 970 Millionen Euro erreichen. Bisher hatte der Vorstand hier 760 bis 880 Millionen erwartet.

Zugleich hat der Konzern aber sein Engagement am Flughafen in St. Petersburg wegen der Sanktionen gegen Russland vollständig abgeschrieben. Deshalb werde unter dem Strich der Konzerngewinn statt der bisher angepeilten 50 bis 150 Millionen lediglich null bis 100 Millionen Euro erreichen, hiess es.

Buchhalterisch gibt Fraport damit seine Darlehensforderung in Höhe von 163,3 Millionen Euro gegenüber der Gesellschaft Thalita Trading Ltd verloren, die die Beteiligung an der Betreibergesellschaft des Flughafens in St. Petersburg hält. Die Wertberichtigung sei aber nicht mit einem Anteilsverkauf zu verwechseln, erklärte Schulte. "Wir halten an unseren Ansprüchen vollumfänglich fest. Vertraglich ist ein Verkauf weiterhin bis 2025 ausgeschlossen."

Im zweiten Quartal steigerte Fraport seinen Umsatz im Vergleich zum pandemiegeprägten Vorjahreszeitraum überraschend stark um 90 Prozent auf 809 Millionen Euro. Der operative Gewinn (Ebitda) legte um 14 Prozent auf knapp 338 Millionen Euro zu und fiel damit höher aus als von Analysten im Schnitt erwartet. Der auf die Aktionäre entfallende Überschuss ging jedoch infolge der Russland-Abschreibung um mehr als 30 Prozent auf gut 59 Millionen Euro zurück. Mit Blick auf das erste Halbjahr steht hier sogar ein Verlust von rund 49 Millionen Euro zu Buche./stw/ceb/mis