Die Deutsche Börse zieht damit Konsequenzen aus der ersten Pleite eines der 30 Unternehmen im Dax überhaupt, die den Ruf ihres Aushängeschilds zu schädigen droht. Nach den geltenden Indexregeln würde Wirecard erst zum 21. September aus dem Index fliegen - wegen der Insolvenz, aber auch wegen des auf nur noch 260 Millionen Euro eingebrochenen Börsenwerts. Der Druck der Marktteilnehmer, schneller zu reagieren, wurde aber immer größer. "Unsere Diskussionen mit den Marktteilnehmern haben uns gezeigt, dass dieses Verfahren nicht den Erwartungen eines großen Teils (von ihnen) entspricht", erklärte die Deutsche Börse am Freitag.

Nun sollen die Regeln in den nächsten vier Wochen geändert werden. Künftig sollen Unternehmen nach einem Insolvenzantrag "kurzfristig" aus den Dax-Auswahlindizes (auch MDax, SDax und TecDax) ausscheiden, bisher ist das erst bei der nächsten regulären Überprüfung vorgesehen, die alle drei Monate fällig ist. Spätestens am 13. August soll das Ergebnis einer Umfrage unter Fondsmanagern, Händlern und anderen Investoren feststehen. In der zweiten August-Hälfte dürfte Wirecard dann aus dem Dax herausfallen. Der Zahlungsabwickler, der 2018 in den Leitindex aufgerückt war, hatte nach einem Bilanzskandal am 25. Juni Insolvenz angemeldet.

Als Nachrücker hat der Restaurant-Lieferdienst Delivery Hero derzeit die Nase vorn vor dem Aromen-Hersteller Symrise aus dem niedersächsischen Holzminden. Delivery Hero hatte sein Deutschland-Geschäft an den Konkurrenten Just Eat Takeaway ("Lieferando") verkauft - als Spiegelbild der deutschen Wirtschaft, die der Dax abbilden soll, kann das ehemalige Start-up damit also kaum gelten. Die Börse hat dem Arbeitskreis Aktienindizes allerdings vor einigen Jahren alle Spielräume zur Dax-Zusammensetzung genommen. Er entscheidet nur nach dem Börsenwert des Streubesitzes und dem Handelsumsatz.

Unabhängig von der Blitz-Umfrage arbeitet die Börse an einer Reform des Dax-Regelwerks. Bis Ende September will sie ihre Vorschläge dem Index-Arbeitskreis vorlegen und dann erneut die Marktteilnehmer darüber abstimmen lassen. Über die Inhalte hält sich der Indexanbieter bedeckt. Deutsche-Börse-Chef Theodor Weimer hatte bereits vor zwei Jahren eine Erweiterung des bisher aus 30 Werten bestehenden Dax ins Gespräch gebracht. Doch dann gäbe es noch weniger Kontinuität in dem Leitindex.

Ein Thema könnten auch die Berichtspflichten für die Index-Unternehmen sein, die bisher alle drei Monate recht ausführlich Rechenschaft über den Geschäftsverlauf ablegen müssen. Allianz- Chef Oliver Bäte hatte sich dafür ausgesprochen, die vorgeschriebenen Mitteilungen zum ersten und dritten Quartal zu streichen - und steht mit der Forderung im Dax nicht allein.