Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat sich überzeugt gezeigt, dass eine in der Koalition umstrittene Kapitalmarktreform noch in diesem Jahr beschlossen werden kann. "Der Gesetzentwurf für das sogenannte Zukunftsfinanzierungsgesetz ist fertig", sagte Lindner bei einem Town Hall Meeting des Startup-Verbandes in Berlin mit Blick auf die Gesetzespläne, die unter anderem auch eine für die Start-ups wichtige Neuregelung zur Mitarbeiterkapitalbeteiligung vorsehen. "Das wird dieses Jahr gelingen", erklärte Lindner.

Derzeit sei die Unterstützung innerhalb des Bundeskabinetts allerdings "noch nicht in aller Breite vorhanden". Ein Teil der Regierung habe noch Bedenken und deshalb einen Leitungsvorbehalt eingelegt. Befürchtungen richteten sich auf mögliche Steuergestaltung und eine möglicherweise zu große Attraktivität von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen im Verhältnis zu Lohnzahlungen. "Ich will auch gar nicht sagen, wer im Einzelnen dagegen ist, aber ich krieg den Robert schon dazu, dass er am Ende zustimmt", sagte Lindner. "Wir werden uns da verständigen." Noch vor Ende des Jahres werde das Zukunftsfinanzierungsgesetz mit seinen verschiedenen Bestandteilen im Gesetzblatt sein.

Lindner hat bereits mit Justizminister Marco Buschmann (FDP) Eckpunkte für Maßnahmen zur Modernisierung des Kapitalmarkts und zur Erleichterung des Kapitalmarktzugangs für Unternehmen vorgestellt. Damit soll der Kapitalmarkt in Deutschland attraktiver und der Finanzplatz Deutschland insgesamt wettbewerbsfähiger werden. Die Finanzierung von Zukunftsinvestitionen soll verbessert und der Kapitalmarktzugang für Unternehmen, insbesondere Start-ups, Wachstumsunternehmen und Klein- und Mittelbetriebe, erleichtert werden. Damit soll Deutschland nach den Vorstellungen Lindners "zum führenden Standort für Start-ups und Wachstumsunternehmen" werden.

Eine Stärkung der steuerlichen Attraktivität von Aktien- und Vermögensanlage soll nach den Plänen insbesondere durch die Förderung von Aktiensparen erreicht werden, unter anderem durch einen höheren Freibetrag für im Privatvermögen erzielte Gewinne aus der Veräußerung von Aktien und von Aktienfondsanteilen sowie Verbesserungen bei den Regelungen zur Verrechnung von Verlusten aus Aktiengeschäften. Der Freibetrag für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen soll laut dem Plan auf 5.000 Euro von 1.440 Euro angehoben werden. Auch sollen Bestimmungen zur aufgeschobenen Besteuerung der geldwerten Vorteile aus Vermögensbeteiligung angepasst werden. Erst bei Veräußerung sollten nach seinen Plänen 25 Prozent pauschal an Steuer fällig werden, sagte Lindner bei der Veranstaltung.

Laut den Eckpunkten soll auch ein Freibetrag für Gewinne aus dem Verkauf von Aktien und Aktienfonds im Privatvermögen geschaffen und die Umsatzsteuerbefreiung für Wagniskapitalfonds ausgeweitet werden. Enge Verlustverrechnungsbegrenzungen sollen aufgehoben werden, und das Gesetz über elektronische Wertpapiere soll auch auf Aktien erweitert werden. Lindner machte sich bei der Veranstaltung zudem dafür stark, ein neues "Wachstumssegment" an der Börse einzurichten. Die Deutsche Börse sei aber unabhängig, hob der Finanzminister hervor. Er könne nur dafür werben, diese Frage immer wieder zu wägen. "Es geht nicht darum, die Fehler des Neuen Marktes zu wiederholen, sondern nach vorne gerichtet etwas Neues zu erfinden", hob der Finanzminister hervor.

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March 23, 2023 14:40 ET (18:40 GMT)