Die Deutsche Börse setzt bei ihrer neuen Strategie verstärkt auf Übernahmen.

"Zukäufe werden dabei eine wichtige Rolle spielen", sagte Vorstandschef Theodor Weimer in seiner am Donnerstag veröffentlichen Rede zur Hauptversammlung am kommenden Dienstag. Weimer, der seine neue Strategie "Compass 2023" für die Zeit bis 2023 im vierten Quartal vorstellen will, sieht die Börse trotz der Corona-Krise auf Kurs. "Unser Kompass zeigt in Richtung weiteren Wachstums. Die Treiber des Wachstums bleiben intakt. Wir bleiben hoch profitabel."

Der scheidende Aufsichtsratschef Joachim Faber bat die Aktionäre seinem Redetext zufolge, das Unternehmen weiter zu unterstützen. "Dazu gehört insbesondere, es in seinen Wachstumsplänen zu fördern", so Faber zur Hauptversammlung. Angesichts der hohen Preise für potenzielle Übernahmeziele muss die Börse möglicherweise ihre Eigentümer anzapfen, um den Preis für einen attraktiven Zukauf stemmen zu können. Auf der Hauptversammlung sollen die Aktionäre unter anderem einen Vorratsbeschluss für eine Kapitalerhöhung fassen.

"BÖRSE KANN MIT DEN GROSSEN AUF DAUER NICHT MITHALTEN"

Faber fürchtet, dass die Deutsche Börse gegen die Konkurrenz aus den USA, Großbritannien und China ins Hintertreffen gerät. "Wir haben viel erreicht. Aber es ist bisher nicht gelungen, die Börse so zu positionieren, dass sie im Konzert mit den Großen auf Dauer mithalten kann", sagte Faber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Donnerstagausgabe). "Bei allem Stolz, den ich für dieses Unternehmen und für das Erreichte empfinde, müssen wir da nachlegen." Denn auch die Konkurrenz ist auf Wachstumskurs. So macht sich die Londoner Börse LSE mit der 27 Milliarden Dollar schweren Übernahme des Datenanbieters Refinitiv unabhängiger vom schwankungsanfälligen Wertpapierhandel, in dem die Margen seit Jahren unter Druck sind. Faber, der seit 2012 an der Spitze des Aufsichtsrats steht, übergibt sein Amt nach der Hauptversammlung an den IBM-Manager Martin Jetter.

Auch Börsenchef Weimer sieht die Börse zum Wachstum verdammt, hat nach dem Debakel um die unter seinem Vorgänger gescheiterte Fusion mit der LSE bislang aber größere Übernahmen ausgeschlossen. Im ersten Quartal profitierte die Börse neben den jüngsten Zukäufen, dem Ausbau von Marktanteilen sowie den heftigen Turbulenzen an den Kapitalmärkten und legte einen Gewinnsprung hin. "Die Zahlen sind ein gutes Polster. Sie sollten uns helfen, ordentlich durch die Krise zu kommen", sagte Weimer. "Auch wenn uns die Niedrigzinsen weltweit wehtun." Er bekräftigte die Prognose für 2020, die ein Umsatzwachstum von mindestens fünf Prozent und einen bereinigten Gewinn von 1,2 (Vorjahr: 1,1) Milliarden Euro vorsieht.

Auch an der Dividendenzahlung für 2019 hält die Börse anders als viele andere Konzerne fest. Die Anleger sollen mit 2,90 Euro je Aktie sieben Prozent mehr bekommen als im Vorjahr. "Weil wir gute Ergebnisse im abgelaufenen Geschäftsjahr erzielt haben, weil wir trotz Corona zuversichtlich auf das Jahr 2020 blicken können", sagte Weimer.