Der deutsche Aktien-Leitindex Dax bekommt ein neues Regelwerk:
- Die Zahl der Indexmitglieder steigt im September 2021 von 30 auf 40 (dementsprechend wird der Mittelwerte-Index MDax von 60 auf 50 Unternehmen verkleinert).
- Das Auswahlkriterium Börsenumsatz wird durch ein Mindesthandelsvolumen ersetzt.
- Eine neue Profitabilitäts-Anforderung: Unternehmen, die neu in den Index aufrücken wollen, müssen zuvor wenigstens zwei Jahre nacheinander auf operativer Ebene (d.h. EBITDA [1]) profitabel gewesen sein. Dies gilt nicht für Mitglieder, die bereits im Dax sind.
- Neue Corporate-Governance-Anforderungen: Unternehmen müssen einen Prüfungsausschuss im Aufsichtsrat haben und ihre vom Wirtschaftsprüfer bestätigten Jahresergebnisse sowie Quartalsergebnisse innerhalb einer bestimmten Frist veröffentlichen.
Warum hat die Industrie ein derartiges Übergewicht? Zum einen ist die Marktkonzentration in vielen dieser Branchen aufgrund ihres Alters und von Skaleneffekten bereits ziemlich hoch, sodass es relativ wenige, dafür aber große Unternehmen gibt. Zum zweiten bildet der Aktienmarkt die globale Stellung der Unternehmen ab, einschließlich der mit ausländischer Produktion erzielten Umsätze und Gewinne, nicht nur den Anteil an der Wertschöpfung in Deutschland. Und drittens gibt es schlichtweg nur relativ wenige Unternehmen in Deutschland, die überhaupt börsennotiert sind. Ende September waren es 511, verglichen mit 2.336 in Großbritannien und Italien zusammengenommen oder sogar 2.784 in Spanien.[3] Dagegen gibt es in Deutschland besonders viele vergleichsweise große und erfolgreiche Mittelständler, die in Familienbesitz sind.
Das trägt dazu bei, dass Deutschland mit einem Anteil von 4,41% am globalen BIP zwar die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt ist, aber nach Marktkapitalisierung nur auf rund die Hälfte kommt, auf 2,26%. Ein größerer Dax wird nichts daran ändern, dass deutsche Unternehmen, gemessen an ihrem Wert, international nur Zwerge sind. Das teuerste Unternehmen weltweit, Apple, hat einen höheren Börsenwert als der gesamte zukünftige Dax 40 zusammengenommen. An diesem Rückstand kann auch eine Indexreform nichts ändern.
Apropos: Der MDax wird durch die Reform deutlich geschwächt. Er könnte nach aktuellem Stand fast die Hälfte (47%) seiner Marktkapitalisierung verlieren. Das lässt sich aber angesichts des insgesamt eher unterentwickelten deutschen Aktienmarkts kaum verhindern. Diese Schwäche ist auf eine Reihe von Faktoren zurückzuführen - i) Fremdkapital wird gegenüber Eigenkapital steuerlich bevorzugt, ii) dem Rentensystem fehlt eine substanzielle kapitalgedeckte Komponente, iii) viele Privathaushalte sind risikoscheu und meiden immer noch den Aktienmarkt, iv) die Erbschaftsteuer behandelt Anteile an Firmen in Familienbesitz sehr großzügig, v) deutsche Unternehmen werden im internationalen Vergleich mit am höchsten besteuert, was sie für Kapitalanleger unattraktiver macht, usw. Während der Börsenbetreiber also seine Hausaufgaben gemacht hat, ist es unverändert an der Politik, diese grundsätzlichen Themen anzupacken.
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Deutsche Bank AG veröffentlichte diesen Inhalt am 08 Dezember 2020 und ist allein verantwortlich für die darin enthaltenen Informationen.
Unverändert und nicht überarbeitet weiter verbreitet am 08 Dezember 2020 12:44:04 UTC.
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