FRANKFURT (Dow Jones)--Europas Börsen haben am Donnerstag mit empfindlichen Verlusten auf die geldpolitische Entscheidung der US-Notenbank vom Vorabend reagiert. Die Fed hat die Leitzinsen erwartungsgemäß um weitere 75 Basispunkte angehoben. Damit nicht genug, denn die wirklich falkenhafte Botschaft lag für Christian Scherrmann, US-Volkswirt bei der DWS, in den aktualisierten Wirtschaftsprognosen. Der DAX verlor 1,8 Prozent auf 12.532 Punkte, damit ist das bisherige Jahrestief bei 12.391 Punkten erneut in Sichtweite gerückt. Der Euro-Stoxx-50 gab um 1,9 Prozent auf 3.427 Punkte nach.

Die jüngsten Einschätzungen der US-Zentralbanker deuteten darauf hin, dass man bereit sei, die Zinssätze noch in diesem Jahr auf 4,4 Prozent anzuheben und auch 2023 hindurch sogar etwas über diesem Niveau (4,6 Prozent) zu belassen. Erst im Jahr 2024 könnten etwas niedrigere Zinsen gerechtfertigt sein. Der Grund für diese aggressivere Haltung scheine die doch zähere Inflation zu sein - Preisstabilität in Form des Inflationsziels von zwei Prozent werde erst für 2025 erwartet.


   US-Notenbank hebt Zinsen länger und höher an - selbst wenn dies Wachstum und Arbeitsplätze koste 

In der Pressekonferenz bekräftigte Fed-Präsident Jerome Powell seine Ansicht, dass die Arbeitsmärkte trotz einer gewissen Verlangsamung des Wachstums weiterhin "unausgeglichen" zu sein scheinen, die Zahl der offenen Stellen sei noch immer höher als das Angebot an Arbeitskräften. Höchstwahrscheinlich bedürfe es einer "andauernden Periode eines unter dem Trend liegenden Wachstums" und einer gewissen Abschwächung auf den Arbeitsmärkten.

Die Zinsentscheidung in Japan lieferte derweil keinen Impuls für die globalen Märkte, geht sie doch ihren eigenen Weg. Als eine von ganz wenigen Notenbanken weltweit lässt sie die Geldschleusen weit offen und schickt den Yen auf Talfahrt. Daneben gab es am Donnerstag Zinsentscheidungen der Schweizerischen Nationalbank, der Norges Bank, der türkischen Nationalbank wie auch der Bank of England (BoE).

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat ihre Geldpolitik wie erwartet gestrafft und plant zudem Maßnahmen zur Abschöpfung von Liquidität. Der Leitzins steigt um 75 Basispunkte auf 0,50 Prozent. Ökonomen hatten mit einer Zinsanhebung dieses Ausmaßes gerechnet. Die BoE hat derweil die Zinsen um 50 Basispunkte erhöht. Das Votum fiel mit 5 zu 4 aber knapp aus. Einige Marktteilnehmer hatten auf einen Schritt von 75 Basispunkten gesetzt. Das Pfund reagierte in einem volatilen Umfeld mit Abschlägen auf die Entscheidung.

Schwach tendierte der Euro, der mit 0,9807 Dollar zwischenzeitlich auf ein neues Mehrjahrestief gefallen ist. Für Devisenstrategen hat er damit die Tür in Richtung 0,96 Dollar geöffnet. Bis zum Abend erholte sich aber zunächst und ging mit 0,9841 Dollar um.

Der Bankensektor hielt sich gut. Der Euro-Stoxx-Subindex stieg um 1 Prozent, damit profitieren sie nun doch von den steigenden Zinsen. Unicredit legten um 5,3 Prozent zu. Der CEO hat eine Erhöhung der Jahresprognose angekündigt. Auf einer Konferenz in London sagte Andrea Orcel, dass die Bank ihre Prognose für 2022 anheben wird, wenn sie im nächsten Monat ihre Ergebnisse für das dritte Quartal vorlegt. Deutsche Bank stiegen um 2,4 Prozent. Wie Finanzvorstand James von Moltke auf der Bank of America Financials CEO Conference erklärte, laufe das Geschäft mit festverzinslichen Wertpapieren und Währungen (FIC) sehr gut.

Für den zinssensiblen Techsektor ging es Stoxx-Universum gleich um 4,3 Prozent nach unten. Im DAX verloren Infineon 4,5 Prozent.

Keinen großen Impuls für Henkel (-0,2%) sahen Händler in den Zahlen von HB Fuller. Der US-Konzern hat zwar die Gewinnerwartung auf EBITDA-Basis auf 540 bis 550 Millionen Dollar erhöht von 530 bis 550 Millionen Dollar. Die Quartalszahlen lagen aber unter den Erwartungen. Zudem hatte Henkel erst die Umsatzprognose erhöht.

Weiterhin unbeeindruckt von der hohen Volatilität am Gesamtmarkt zeigte sich das IPO der Porsche AG. Im Handel per Erscheinen bei Tradegate wurde das Papier 92 zu 95 Euro gestellt, was deutlich oberhalb der Bookbuilding-Spanne von 76,50 zu 82,50 Euro liegt. Porsche SE gewannen 0,5 Prozent.


   Suse brechen nach Zahlen ein 

Die Aktien von Suse setzten ihre Talfahrt beschleunigt nach Zahlenvorlage fort und brachen um 21,4 Prozent ein. Suse erwartet nun nur noch ein Wachstum des annualisierten Vertragswerts (Kern-ACV-Wachstum) von etwa 10 Prozent. "Bisher ist der Markt von etwa 15 Prozent ausgegangen", so ein Marktteilnehmer. Im dritten Quartal hat der ACV sowohl die Prognose als auch den Vorjahreswert verfehlt.

M6 stiegen an der Pariser Börse um 6,4 Prozent. Bertelsmann Chef Thomas Rabe hat gegenüber der FT erklärt, einen Verkauf der Tochter in Erwägung zu ziehen. Bertelsmann wolle den Markt antesten. Hintergrund ist die gescheiterte Fusion mit TF1. Diese haben von den entsprechenden Plänen Abstand genommen, Grund waren die aus ihrer Sicht zu hohen kartellrechtlichen Auflagen. Die Fusionsbemühungen wurden in der Medienlandschaft genau beobachtet, leidet der Sektor doch unter fallenden Werbeeinnahmen und der Konkurrenz durch Streamingdienste. Die Traditionshäuser wollen dem steigenden Druck durch Fusionen entgegentreten.


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Index                  Schluss-  Entwicklung  Entwicklung    Entwicklung 
.                         stand      absolut         in %           seit 
.                                                          Jahresbeginn* 
Euro-Stoxx-50          3.427,14       -64,73        -1,9%         -20,3% 
Stoxx-50               3.406,42       -52,09        -1,5%         -10,8% 
Stoxx-600                399,76        -7,29        -1,8%         -18,1% 
XETRA-DAX             12.531,63      -235,52        -1,8%         -21,1% 
FTSE-100 London        7.159,52       -78,12        -1,1%          -2,0% 
CAC-40 Paris           5.918,50      -112,83        -1,9%         -17,3% 
AEX Amsterdam            657,40       -12,39        -1,8%         -17,6% 
ATHEX-20 Athen         1.968,97       -24,37        -1,2%          -8,1% 
BEL-20 Brüssel         3.499,15       -59,27        -1,7%         -18,8% 
BUX Budapest          39.548,71      +307,64        +0,8%         -22,0% 
OMXH-25 Helsinki       4.477,25       -68,23        -1,5%         -18,4% 
ISE NAT. 30 Istanbul   3.581,47       +61,74        +1,8%         +76,9% 
OMXC-20 Kopenhagen     1.540,07       -38,30        -2,4%         -17,4% 
PSI 20 Lissabon        5.783,85      -105,22        -1,8%          +2,0% 
IBEX-35 Madrid         7.774,70       -97,50        -1,2%         -10,8% 
FTSE-MIB Mailand      21.799,11      -236,70        -1,1%         -19,4% 
RTS Moskau             1.174,61       +67,79        +6,1%         -26,4% 
OBX Oslo               1.070,65        -1,00        -0,1%          +0,2% 
PX  Prag               1.198,71       +10,70        +0,9%         -15,9% 
OMXS-30 Stockholm      1.837,91       -40,86        -2,2%         -24,0% 
WIG-20 Warschau        1.518,19        +8,87        +0,6%         -33,0% 
ATX Wien               2.833,20       -37,57        -1,3%         -25,0% 
SMI Zürich            10.297,65      -131,75        -1,3%         -20,0% 
* zu Vortagsschluss 
 
DEVISEN               zuletzt        +/- %  Do, 8:20 Uhr  Mi, 17:04 Uhr    % YTD 
EUR/USD                0,9841        +0,0%        0,9821         0,9874   -13,5% 
EUR/JPY                139,89        -1,3%        142,66         142,31    +6,9% 
EUR/CHF                0,9652        +1,4%        0,9489         1,0361    -7,0% 
EUR/GBP                0,8733        +0,0%        0,8744         0,8718    +3,9% 
USD/JPY                142,16        -1,3%        145,28         144,13   +23,5% 
GBP/USD                1,1270        -0,1%        1,1232         1,1326   -16,7% 
USD/CNH (Offshore)     7,0826        +0,1%        7,0979         7,0636   +11,5% 
Bitcoin 
BTC/USD             18.992,63        +3,0%     18.806,08      19.196,57   -58,9% 
 
ROHÖL                 zuletzt  VT-Settlem.         +/- %        +/- USD    % YTD 
WTI/Nymex               83,13        82,94         +0,2%          +0,19   +18,1% 
Brent/ICE               90,56        89,83         +0,8%          +0,73   +22,5% 
GAS                            VT-Settlem.                      +/- EUR 
Dutch TTF              188,01       189,78         -0,9%          -1,78  +199,2% 
 
METALLE               zuletzt       Vortag         +/- %        +/- USD    % YTD 
Gold (Spot)          1.671,76     1.674,20         -0,1%          -2,45    -8,6% 
Silber (Spot)           19,54        19,63         -0,4%          -0,09   -16,2% 
Platin (Spot)          906,50       912,90         -0,7%          -6,40    -6,6% 
Kupfer-Future            3,50         3,49         +0,1%          +0,00   -21,0% 
 
YTD bezogen auf Schlussstand des Vortags 
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Kontakt zum Autor: manuel.priego-thimmel@wsj.com

DJG/mpt/ros

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September 22, 2022 12:08 ET (16:08 GMT)