Von Matthias Goldschmidt

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Deutsche Bank legt nach mehreren Jahren des Umbaus die Karten auf den Tisch. Hat sie die angestrebte Eigenkapitalrendite von 8 Prozent erreicht? Vorstandschef Christian Sewing wird liefern - alles andere wäre eine Enttäuschung. Die Frage stellt sich nun, wie gut die Bank dafür gerüstet ist, im Spannungsfeld von steigenden Zinsen und wirtschaftlicher Schwäche noch profitabler zu werden. Das vierte Quartal und das Jahr 2022 insgesamt dürften gut gelaufen sein.


   WORAUF ANLEGER ACHTEN SOLLTEN: 

UMBAU: Sewing, der 2018 ans Ruder gekommen ist, hat im Folgejahr ein Restrukturierungsprogramm eingeleitet, das mit einem erheblichen Stellenabbau, einer deutlichen Kostensenkung und der Trennung von riskanten Geschäften einherging. Dieses Programm ist nun abgeschlossen, die Rendite voraussichtlich auf dem angestrebten Niveau von 8 Prozent angekommen.

MITTELFRIST-AUSBLICK: Die für 2022 angestrebte Rendite von 8 Prozent - was im Vergleich mit vielen Konkurrenten nicht viel ist - ist ein Zwischenschritt mit Blick auf 2025. Dann will die Bank eine Rendite von über 10 Prozent erreicht haben, womit sie erstmals seit vielen Jahren wieder ihre Kapitalkosten überträfe. Außerdem will sie ihre Erträge um 3,5 bis 4,5 Prozent pro Jahr steigern auf dann rund 30 Milliarden Euro. Anleger dürften fragen, wie die Bank dies erreichen will, denn das wirtschaftliche Umfeld hilft dabei nur bedingt.

INVESTMENTBANKING: In einer wirtschaftlichen Flaute wie zurzeit werden weniger Beratungsdienstleistungen für Anleihe- und Aktienemissionen sowie Unternehmenszusammenschlüsse nachgefragt, was den Kern der Investmentbanking-Sparte ausmacht. Auf der anderen Seite floriert aktuell der Handel mit festverzinslichen Produkten, wie die Zahlen der großen US-Konkurrenten zum vierten Quartal gezeigt hatten. Analysten sagen für den Bereich Origination & Advisory der Deutschen Bank im Schlussquartal einen massiven Einbruch der Erträge vorher. Der sogenannte "FIC"-Handel (Fixed Income, Currency) dürfte es für die Investmentbanking-Sparte mit einem Ertragswachstum von 38 Prozent herausgerissen haben.

ERGEBNIS: Insgesamt trauen die Analysten der Bank im vierten Quartal einen Gewinn von über 1 Milliarde Euro zu, im Gesamtjahr sogar von 4,6 Milliarden. Geholfen hat das höhere Zinsniveau, denn das macht die Kreditvergabe lukrativer. Außerdem hat die Bank die Kosten weiter gedrückt. Auf der anderen Seite belasteten höhere Rückstellungen, die das Institut wegen ausfallgefährdeter Kredite gebildet hat.

DIVIDENDE: Nach 20 Cent für 2021 rechnen die Analysten nun mit 30 Cent Dividende je Aktie. Die Bank hatte im März in Aussicht gestellt, für die Jahre 2021 bis 2025 rund 8 Milliarden Euro an die leidgeprüften Aktionäre auszuschütten.

BONI: Die schwächere Performance im Emissions- und Beratungsgeschäft der Investmentbank hat Folgen für die Vergütung der Investmentbanker. Reuters und die Financial Times hatten berichtet, dass diese Banker rund 40 Prozent weniger Boni bekommen werden. Die Banker, die mit Anleihen handeln, dürfen sich dagegen über mehr Geld freuen. Was die Vergütung des Vorstands angeht: Diese ist Sache des Aufsichtsrats und wird erst mit der Veröffentlichung des Geschäftsberichts am 17. März kommuniziert.

Nachfolgend eine Auswertung der Prognosen von Analysten zum vierten Quartal und Gesamtjahr 2022:


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.                               PROG  PROG  PROG 
4. QUARTAL                      4Q22  ggVj  Zahl   4Q21 
Erträge                        6.495  +10%    16  5.900 
- Investmentbank               1.877   -2%    16  1.913 
- Sales & Trading (FIC)        1.659  +38%    16  1.198 
Aufwand-Ertrag-Relation         76,4    --    16   94,3 
Kosten bereinigt               4.889   -5%    16  5.155 
Risikovorsorge                   418  +65%    16    254 
Eigenkapitalrendite (RoTE)       6,8    --    14    1,1 
Ergebnis vor Steuern           1.116    --    16     82 
Ergebnis nach Steuern          1.099 +249%    16    315 
Ergebnis nach Steuern/Dritten  1.061 +303%    16    263 
Ergebnis je Aktie verwässert    0,43 +258%    13   0,12 
 
.                               PROG  PROG  PROG 
GESAMTJAHR                      Gj22  ggVj  Zahl   Gj21 
Erträge                       27.390   +8%    16 25.410 
- Investmentbank              10.211   +6%    16  9.631 
- Sales & Trading (FIC)        9.082  +29%    15  7.063 
Aufwand-Ertrag-Relation         73,6    --    16   84,6 
Kosten bereinigt              19.927   -3%    16 20.564 
Risikovorsorge                 1.292 +151%    16    515 
Eigenkapitalrendite (RoTE)       7,8    --    15    3,8 
Ergebnis vor Steuern           5.936  +75%    16  3.390 
Ergebnis nach Steuern          4.780  +90%    16  2.510 
Ergebnis nach Steuern/Dritten  4.636  +96%    16  2.365 
Ergebnis je Aktie verwässert    1,97 +112%    14   0,93 
Dividende je Aktie              0,30  +50%    16   0,20 
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ERLÄUTERUNGEN:

- alle Angaben in den Tabellen in Millionen Euro, Ausnahme Ergebnis und Dividende je Aktie in Euro, Aufwand-Ertrag-Relation und Rendite in Prozent

- Bilanzierung nach IFRS

- Quellen: Angaben des Unternehmens

- ggVj = Veränderung in Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum

- das Geschäftsjahr entspricht dem Kalenderjahr

- alle Angaben ohne Gewähr

Kontakt zum Autor: matthias.goldschmidt@wsj.com

DJG/mgo/sha

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February 01, 2023 23:45 ET (04:45 GMT)