Von Rochelle Toplensky

NEW YORK (Dow Jones)--Nicht alles, was die Investmentbranche als nachhaltig anpreist, hat die Bezeichnung verdient. Im Fokus der US-Ermittler - und auch der deutschen Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin - steht nun die Vermögensverwaltung der Deutschen Bank, DWS. Der Fall könnte dazu beitragen, die faulen Äpfel auszusortieren.

Einem Bericht des Wall Street Journal vom Donnerstag zufolge ermitteln US-amerikanische Beamte gegen die Fondstochter der Deutschen Bank DWS, nachdem die kürzlich ausgeschiedene Leiterin der Abteilung für Nachhaltigkeit gesagt hatte, dass das Unternehmen die Kriterien nachhaltiger Investments zu hoch ausgewiesen hat. Auch die Bafin geht den Vorwürfen gegen die DWS bereits seit einiger Zeit nach. Das Ergebnis der Untersuchungen könnte Anlegern einen ersten Hinweis darauf geben, wie streng die US-Aufsichtsbehörden - und möglicherweise Behörden anderer Länder - gegen "Greenwashing" an der Wall Street und anderen Börsenplätzen vorgehen werden.


   ESG-Investitionen liegen im Trend 

Investments auf der Grundlage von Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien liegen im Trend. Angesichts der starken Nachfrage nach ethischen Finanzprodukten bieten die sogenannten ESG-Fonds Vermögensverwaltern die Möglichkeit, sich zu differenzieren und die Gewinnmargen zu verbessern, nachdem sie jahrelang unter dem Gebührendruck billiger Indexfonds gelitten haben.

Aber auch das kritische Hinterfragen ihrer Behauptungen liegt im Trend. ESG-Kriterien können schwammig sein. Daten sind oft spärlich, und die Vielzahl von Ranking-Methoden erschwert es den Anlegern zu erkennen, wer nur eine Geschichte erzählt und wer es ernst meint.


   Transparenz bei ESG-Kriterien schwierig, mangelnde Standards 

Tariq Fancy, ehemaliger Chief Investment Officer für nachhaltiges Investieren bei Blackrock, schrieb kürzlich, dass ESG-Fonds für die Wall Street zwar profitabel sind, aber möglicherweise nicht wirklich Gutes bewirken. Schlimmer noch, argumentierte er, sie führen die Öffentlichkeit hinters Licht und verringern die Wahrscheinlichkeit, dass die Regierungen die Initiative ergreifen.

Blackrock setzt sich nach eigenen Angaben dafür ein, dass die Regierungen eine führende Rolle beim Kampf gegen den Klimawandel übernehmen. Der Vermögensverwalter unterstützt auch Initiativen zur Definition einheitlicher Standards und für mehr Transparenz nachhaltiger Portfolios.

Eine kürzlich von zwei Harvard-Juraprofessoren durchgeführte Studie gibt ebenfalls Anlass zur Sorge: Nach Prüfung der Unternehmensdokumente von mehr als 100 Unterzeichnern der wegweisenden Verpflichtung des Business Roundtable von 2019, von einem Shareholder- zu einem breiteren Stakeholder-Modell überzugehen, kamen die Wissenschaftler zu dem Schluss, dass die Verpflichtung "größtenteils nur Show" sei.

Die Unterzeichner und der Business Roundtable weisen die Schlussfolgerung der Studie vehement zurück. Wie auch immer die Wahrheit aussehen mag, für Außenstehende ist es offensichtlich schwierig, ernstgemeinte Maßnahmen von Unfug zu unterscheiden.


   Gesetzliche Regelungen sollen Greenwashing eindämmen 

Die EU antwortete mit gesetzlichen Regelungen auf das Greenwashing. In der Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten für Finanzdienstleister (SFDR) wurden nachhaltige Fondskategorien definiert, die Manager dazu zwangen, einige ihrer Produkte neu zu klassifizieren. Das Ergebnis war, dass trotz der Nettomittelzuflüsse in ESG-Fonds das nachhaltig investierte Vermögen in Europa zwischen 2018 und 2020 um zwei Billionen US-Dollar sank. Weitere Regeln für grüne Investments sind auf dem Weg.

Auch in den USA wird darüber nachgedacht, wie den wuchernden ESG-Behauptungen Zügel angelegt werden können. Es mag einige Anklänge an die EU-Vorschriften geben, aber im Allgemeinen ist der amerikanische Ansatz ein anderer: weniger streng bei der Regulierung, dafür umso strenger bei der Durchsetzung. So musste der Automobilriese Volkswagen wegen seines Dieselbetrugs im Jahr 2015 in den USA hohe Geldstrafen und Entschädigungen an seine Kunden zahlen, während er es in seiner Heimatregion hauptsächlich mit strengeren Emissionsvorschriften zu tun bekam.

Die Aktien der DWS, die zu einem Minderheitsanteil in Händen von Investoren sind, fielen um 14 Prozent. Damit sank der Marktwert des Unternehmens um umgerechnet etwa 1,3 Milliarden US-Dollar. Offenbar sind die Anleger bereits dabei, das Risiko von US-Strafzahlungen und Reputationsschäden abzuschätzen. Der Druck auf die gesamte Branche, ESG-bezogenes Marketing zu rechtfertigen oder zurückzuziehen, wird wachsen.

Die beste Nachricht für die Anleger ist noch, dass sie irgendwann in der Lage sein sollten, sich für ethische Produkte zu entscheiden und dabei sicher sein können, dass sie nicht für leeres Marketing-Geschwätz bezahlen.

Kontakt zur Autorin: unternehmen.de@dowjones.com

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August 27, 2021 05:48 ET (09:48 GMT)