"Das Jahr endete mit einem Knall", sagte Firmenchef Dominik Richter zu Analysten am Dienstag. Die Erlöse kletterten von Oktober bis Dezember um 126 Prozent auf mehr als 1,1 Milliarden Euro. Dem Berliner Unternehmen, das dieses Jahr zehn Jahre alt wird, werden von Experten sehr gute Chancen für den Aufstieg in den deutschen Leitindex Dax beigemessen, über dessen Zusammensetzung noch am Abend entschieden wird. Im Gegensatz zum Dax-Neuling Delivery Hero schreibt HelloFresh inzwischen auch unter dem Strich einen Gewinn. Dazu tragen weltweit 5,3 Millionen Kunden bei - fast die Hälfte davon leben in den USA.

Zuletzt profitierte der Anbieter von Lebensmitteln in Kochboxen, die im Abo-Modell mit Rezepten und abgemessenen Zutaten direkt an die Haustür geliefert werden, von der Corona-Pandemie mit geschlossenen Restaurants, Ausgangsbeschränkungen und dem Trend zum Homeoffice. Trotzdem wollte Richter den jüngsten Erfolg nicht allein auf die Krise zurückführen: "Die Supermärkte waren niemals geschlossen. Die Kunden kamen nicht zu uns, weil sie woanders nichts zu essen bekommen hätten." Der währungsbereinigte Umsatz soll 2021 um etwa ein Fünftel bis ein Viertel zulegen, könnte aber laut Finanzchef Christian Gärtner im ersten Quartal, das gut angelaufen ist, auch über dieser Marke liegen.

RICHTER: HABEN OFFENES AUGE FÜR ZUKÄUFE

Zum Jahresende 2020 kam HelloFresh auf einen Bargeldbestand von fast 730 Millionen Euro. Geld, das Richter vor allem ins Wachstum stecken will und nach eigenen Worten dabei auch ein "offenes Auge" für Zukäufe hat. HelloFresh ist inzwischen in 14 Ländern aktiv und will weitere zwei Länder in diesem Jahr ins Portfolio aufnehmen. Eins davon wird laut Richter Japan sein.

Insgesamt setzt HelloFresh darauf, die Kunden durch eine größere Auswahl, schnellere Lieferungen und wettbewerbsfähige Preise bei der Stange zu halten. In Australien, wo die Corona-Pandemie den Alltag kaum noch beeinflusst, musste Richter feststellen, dass die Kunden nun wieder häufiger Restaurants aufsuchen und etwas weniger bei HelloFresh bestellen. Deswegen will sich das Unternehmen langfristig auch breit aufstellen und Richter zufolge ein "vollintegriertes Lebensmittelunternehmen" werden. Ein erster Test dazu läuft in den Benelux-Staaten mit HelloFresh Market, wo das Unternehmen über seine Online-Plattform 70 verschiedene Produkte von Desserts bis zu Backwaren verkauft. Wie es damit weitergeht, will Richter im Sommer verraten.

Das Umsatzwachstum macht sich inzwischen auch beim Ergebnis bemerkbar: Das bereinigte Betriebsergebnis (Ebitda) legte im vierten Quartal auf fast 174 Millionen Euro zu nach 38,6 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum. Im Gesamtjahr stieg das Ebitda auf 505 Millionen Euro (2019: 46,5 Millionen Euro), während der Umsatz währungsbereinigt um 111 Prozent auf fast 3,75 Milliarden Euro kletterte und damit über der eigenen mehrmals angehobenen Prognose lag. HelloFresh schrieb damit 2020 auch einen Nettogewinn von 47,2 Millionen Euro nach einem Verlust von 58 Millionen 2019.

An der Börse konnte HelloFresh am Dienstag nicht überzeugen. Wegen Gewinnmitnahmen fiel die Aktie am Vormittag um etwa drei Prozent auf 64,60 Euro. Im März vergangenen Jahres war das Papier noch für rund 16 Euro zu haben gewesen.