LONDON/FRANKFURT (dpa-AFX) - Anleger setzen bei Essenslieferdiensten auf die Wende zur Profitabilität. Den Anstoß dazu gab zur Wochenmitte der britische Anbieter Just Eat Takeaway, der es im vergangenen Jahr voraussichtlich in die schwarzen Zahlen schaffte. Die Lieferando-Mutter vermeldete einen operativen Gewinn. Obwohl sich die Erlöse dürftig entwickelten, katapultierte dies die Titel an der Londoner Börse am Mittwoch im frühen Handel um elf Prozent nach oben.

Davon wurde die Anlegerstimmung auch bei anderen Branchenwerten angehoben: Vor allem die Papiere des Konkurrenten Delivery Hero zogen mit, indem sie zuletzt mehr als fünf Prozent gewannen. Aber auch die Titel des Kochboxen-Lieferanten Hellofresh gehörten im deutschen MDax-Index mit einem Anstieg um ein Prozent zu den gefragten Werten. Deliveroo kamen derweil in London auf ein Kursplus von drei Prozent.

Laut der RBC-Expertin Sherri Malek verfehlte Just Eat Takeaway mit dem Bruttotransaktionsvolumen einmal mehr die Erwartungen, die operative Entwicklung sei derweil aber überzeugend. "Die Profitabilität genießt weiterhin höheren Stellenrang als das Wachstum", resümierte daraufhin die Analystin. Im abgeschlossenen Jahr dürfte ein bereinigtes operatives Ergebnis (Ebitda) von rund 16 Millionen Euro erreicht worden sein nach einem Fehlbetrag von rund 350 Millionen im Vorjahr, teilte Just Eat Takeaway mit.

Bei Anlegern überlagerte dies dann auch die kritischen Stimmen zur Entwicklung des Transaktionsvolumens im Tagesgeschäft. "Die Nachfrage bleibt schwach und so verfehlt das diesjährige Bruttotransaktionsvolumen die Erwartungen", sagte William Woods von Bernstein Research. Auch er betonte die Wichtigkeit der Profitabilität, die die wirklich große Überraschung sei. Laut Woods hatten Analysten im Durchschnitt damit gerechnet, dass noch ein operativer Fehlbetrag (Ebitda) von 100 Millionen Euro zu Buche stehen wird.

Für das laufende Jahr peilt Just Eat Takeaway nun ein bereinigtes operatives Ergebnis (Ebitda) von rund 225 Millionen Euro an - auch hierzu gab es überzeugte Stimmen. Laut dem Bernstein-Experten Woods ist diese Zielmarke doppelt so hoch angesetzt wie der Analystenschnitt. Giles Thorne von Jefferies legte auch sein Augenmerk hierauf, die durchschnittlichen Erwartungen müssten deutlich steigen. Die Zielmarke mache weder Kompromisse bei den Wachstumsinvestitionen noch beim konjunkturellen Gegenwind.

Seitdem die hohe Inflation die Zinsen rasant steigen lässt, achten Anleger bei Wachstumswerten aus der Internet-Branche verstärkt auf Profitabilität. Auch bei Delivery Hero war die Kritik lange Zeit groß, dass der Essenslieferdienst zu wenig auf die Kosten achtet. Seit dem Sommer allerdings kristallisiert es sich heraus, dass die Verbesserung der Profitabilität auch hier Vorrang bekommt. Vom Rekordtief im Mai 2022 hat sich die Delivery-Hero-Kurs mehr als verdoppelt./tih/ngu/jha/