Von Carol Ryan

LONDON (Dow Jones)--Positiv gestimmte Verbraucher haben die gestiegenen Supermarktpreise bislang geschluckt, aber das Risiko wächst, dass sie irgendwann genug davon haben. Für Unternehmen, die Grundnahrungsmittel herstellen, wird die Forderung nach mehr Geld somit zu einer heiklen Angelegenheit.

Am Mittwoch teilte der weltgrößte Lebensmittelkonzern Nestle mit, dass der Umsatz im dritten Quartal um beeindruckende 6,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen ist. Die Nachfrage nach den Produkten des Unternehmens verlief stark. Damit war Nestle auch in der Lage, höhere Kosten für Dinge wie Plastikverpackungen und Transport an die Kunden weiterzugeben. Das spricht für eine gesunde Preissetzungsmacht. Die Aktien des Unternehmens legten im frühen Handel um 3 Prozent zu.

Die Herstellungskosten von Nestle werden in diesem Jahr um etwa 4 Prozent steigen. Das bedeutet, dass das Unternehmen zusätzliche 1,8 Milliarden Schweizer Franken ausgeben muss. Der Joghurt-Hersteller Danone gab am Dienstag an, dass seine Inputkosten in diesem Jahr sogar um 8 Prozent anziehen werden. Die Diskrepanz bei den Kosten lässt sich am ehesten mit den unterschiedlichen Produktportfolios erklären. Nestle hat ein großes Kaffeegeschäft, bei dem Absicherungsgeschäfte das Unternehmen vor kurzfristig steigenden Rohstoffkosten schützen.


   Hersteller erachten Weitergabe Preissteigerungen als notwendig 

Die Inflation ist mittlerweile so hoch, dass die Hersteller von Grundnahrungsmitteln und Konsumgütern letztendlich keine andere Wahl haben werden, als sie weiterzugeben. Nestle, Danone und Procter & Gamble erklärten in dieser Woche übereinstimmend, dass der Einkauf im Laden für die Verbraucher teurer werden wird. Die Frage ist nur, wie weit das gehen kann, bevor die Kunden zu billigeren Marken überlaufen oder weniger kaufen.

Als Faustregel gilt, dass Preiserhöhungen von mehr als 5 Prozent nur schwer durchzusetzen sind, ohne dass sich das Kaufverhalten ändert. Von dieser Erfahrung berichten Führungskräfte aus dem Supermarkt- und Konsumgüterbereich. Es gibt jedoch auch Ausnahmen von dieser Regel: Unternehmen, die Premium-Marken herstellen, wie zum Beispiel Nespresso-Kaffee von Nestle, haben mehr Spielraum. Auch reagieren die Verbraucher in einigen Ländern weniger preissensibel als in anderen.

Tatsache ist aber auch, dass sich in den USA die Inflation bei Nahrungsmitteln allmählich der Schmerzgrenze nähert. Im September kostete es 4,5 Prozent mehr als vor einem Jahr, um den Vorratsschrank aufzufüllen. In der Eurozone betrug der Preisanstieg bei Nahrungsmitteln, Tabak und Alkohol laut Eurostat nur 2 Prozent. Ein Grund, warum die Ladenpreise in Europa nicht so stark gestiegen sind, liegt darin, dass hier die Verhandlungen zwischen Herstellern und Lebensmittelhändlern später stattfinden. Nestle hat vor kurzem die Preise in den USA um 5 Prozent erhöht, steht aber noch in Verhandlungen mit den Supermärkten auf der anderen Seite des Atlantiks. Die Europäer können demnach damit rechnen, ab Anfang nächsten Jahres mehr zu zahlen.

Die Unternehmen der Basiskonsumgüter haben durchaus Möglichkeiten, Käufer vor den vollen Auswirkungen der steigenden Kosten zu schützen. Die Steigerung der Effizienz in den Fabriken ist ein Beispiel. Abgesehen davon haben viele Verbraucher während der Pandemie Geld zur Seite legen können, so dass sie jetzt vielleicht bereit sind, mehr zu zahlen als sie es normalerweise tun würden.

Das ändert aber nichts daran, dass Konsumgüterhersteller für das nächste Jahr eine stärkere Inflation ihrer Kostenbasis erwarten. Spätestens dann wird die Markentreue der Käufer auf eine harte Probe gestellt.

Kontakt zur Autorin: unternehmen.de@dowjones.com

DJG/DJN/rer/uxd

(END) Dow Jones Newswires

October 21, 2021 04:08 ET (08:08 GMT)