BERLIN (dpa-AFX) - Nach den Bund-Länder-Beschlüssen zum weiteren Vorgehen in der Corona-Krise haben am Donnerstag mehrere Landeskabinette getagt. Die Länder müssen die Vereinbarungen umsetzen und passend auf ihre Gegebenheiten zuschneiden. Das Kabinett in München entschied, die Ausgangsbeschränkung in Bayern minimal zu lockern: Künftig ist im Freien auch der Kontakt zu einer Person außerhalb des eigenen Hausstands erlaubt. Dies war aber in den meisten Bundesländern ohnehin schon immer zulässig.

NUR VERHALTENE KRITIK AN CORONA-BESCHLÜSSEN VON BUND UND LÄNDERN

Die Bund-Länder-Beschlüsse zum weiteren Vorgehen in der Corona-Krise stoßen weitgehend auf politische Akzeptanz - wohl auch wegen der grundsätzlich breiten Unterstützung der Bevölkerung für die Maßnahmen. FDP-Chef Christian Lindner begrüßte die vorsichtigen Lockerungen im Grundsatz, kann sich aber mehr vorstellen. "Die Orientierung an der Vorsicht ist richtig", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Aber in Handel, Gastronomie und Bildung wäre etwas mehr Öffnung denkbar gewesen, wenn Schutzkonzepte vorliegen." Der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen nannte die beschlossenen Lockerungen "in vielen Punkten unverständlich und widersprüchlich". Beispielsweise sei nicht nachvollziehbar, warum Restaurants und Kirchen geschlossen bleiben sollten, während weitere Geschäfte öffnen dürften, sagte er der dpa.

RUND 131 000 INFIZIERTE UND 3550 TOTE IN DEUTSCHLAND

In Deutschland sind bis Donnerstagvormittag mehr als 131 400 Infektionen mit dem neuen Coronavirus registriert worden (Vortag: 128 500). Mindestens 3554 (Vortag: 3222) mit dem Erreger Sars-CoV-2 Infizierte starben bislang bundesweit. Das geht aus einer Auswertung der Deutschen Presse-Agentur hervor, die die neuesten Zahlen der Bundesländer berücksichtigt. Nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts haben in Deutschland rund 77 000 Menschen die Infektion überstanden. Experten rechnen auch in Deutschland mit einer hohen Dunkelziffer nicht erfasster Fälle. Die höchsten Zahlen weist das Land Bayern auf. Hier gibt es mehr als 34 600 nachgewiesene Fälle und mindestens 995 Tote.

BUND SPANNT SCHUTZSCHIRM FÜR WARENVERKEHR

Die Bundesregierung spannt in der Corona-Krise einen weiteren milliardenschweren Schutzschirm, um den Warenverkehr und Lieferketten abzusichern. Wie das Wirtschafts- und das Finanzministerium am Donnerstag mitteilten, geht es um ein Volumen von 30 Milliarden Euro. Ziel sei es, Lieferantenkredite deutscher Unternehmen zu sichern. Der Bund übernimmt demnach für das Jahr 2020 eine Garantie für Entschädigungszahlungen der Kreditversicherer von bis zu 30 Milliarden Euro. Die Kreditversicherer beteiligten sich substanziell.

PORSCHE LÄSST PRODUKTION WEITERE WOCHE RUHEN

Der Sportwagenbauer Porsche wird seine Werke in der kommenden Woche noch nicht wieder anlaufen lassen. Die Produktion im Stammwerk in Stuttgart-Zuffenhausen und in Leipzig bleibe eine weitere Woche ausgesetzt, sagte ein Sprecher der VW-Tochter am Donnerstag. Es gebe weiterhin Engpässe bei den globalen Lieferketten, die einen geordneten Wiederanlauf nicht zuließen. Andere Hersteller hatten zuvor angekündigt, die wegen der Corona-Pandemie heruntergefahrene Produktion in Deutschland langsam wieder anlaufen zu lassen. Daimler, Volkswagen und Audi etwa wollen am Montag zumindest in ersten Werken schrittweise loslegen.

PAKETVERSAND NACH CHINA WIEDER MÖGLICH

Ein erster Schritt Richtung Normalität: Die Deutsche Post will ab sofort den Versand von Paketen nach China wieder ermöglichen. Die Volksrepublik sei "das erste von solchen Exportbeschränkungen betroffene Land, bei dem diese Einschränkungen vollständig wieder aufgehoben werden können", sagte ein Post-Sprecher der Deutschen Presse-Agentur. Es könne aber weiterhin noch zu Verzögerungen bei der Zustellung kommen. Als Ursprungsort der Corona-Pandemie war China - einschließlich der Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macau - auch das erste Land, in das der Versand von Paketen seit Mitte Februar eingeschränkt wurde.

ROCKFESTIVALS WERDEN ABGESAGT

Wegen der verlängerten Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie haben die Veranstalter die Zwillingsfestivals "Rock am Ring" und "Rock im Park" Anfang Juni abgesagt. Das teilte der Veranstalter Live Nation am Donnerstag in Frankfurt mit. Zuvor war bereits das Heavy-Metal-Festival im schleswig-holsteinischen Wacken gestrichen worden. Die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten der Länder hatten sich am Mittwoch zwar auf erste vorsichtige Lockerungen in der Coronavirus-Krise verständigt. Großveranstaltungen aber sind den Beschlüssen zufolge bis zum 31. August grundsätzlich untersagt.

TROTZ VERBOTS WOLLEN MANCHE URLAUBER AUF DIE INSEL SYLT

Urlauber dürfen wegen der Corona-Krise gerade nicht auf die beliebte Nordseeinsel Sylt, doch manche versuchen es mit allen Tricks. Es gebe einzelne Insulaner, die Gäste mit ihrem privaten Auto auf dem Festland abholten, sagte der Bürgermeister der Gemeinde Sylt, Nikolas Häckel, dem "Zeit"-Newsletter Elbvertiefung am Donnerstag. Der Großteil komme aber ohne Hilfe nach Sylt: Manche legten bei den Kontrollen beispielsweise Schein-Arbeitsverträge vor oder behaupteten, sich um pflegebedürftige Angehörige kümmern zu müssen. Viele sähen es anscheinend als Herausforderung, auf die Insel zu kommen, und zeigten sich damit in den sozialen Medien.

VORERST KEIN HANDSCHLAG MEHR FÜR NEUBÜRGER IN DÄNEMARK

Dänemark will in der Corona-Krise auf den obligatorischen Handschlag bei Einbürgerungszeremonien vorerst verzichten. Die Vorschrift wurde wegen des Ansteckungsrisikos beim Händeschütteln ausgesetzt, wie das Ausländer- und Integrationsministerium am Donnerstag mitteilte. Bislang mussten angehende dänische Staatsbürger bei der Einbürgerung die Hand eines Bürgermeisters oder anderen Offiziellen schütteln. Damit sollten sie Respekt gegenüber Behörden beweisen und zeigen, dass sie sich an die dänischen Gesetze halten wollen. Die Regierung will den Handschlag wieder einführen, wenn die Gesundheitsbehörden ihre Empfehlungen zur Ansteckungsminimierung ändern./sk/DP/fba